Qo’noS und Coruscant, die Kessel-Route und die Badlands, Hyperraum, Subraum und Wurmlöcher ... Genre-Galaxien und ihre astrophysikalischen Eigenarten faszinieren Science-Fiction-Fans schon seit jeher. Wie spannend hingegen allein unser reales Universum ist, verdeutlicht prachtvoll der schwergewichtige Hardcoverband mit dem schlichten Titel „Universum – Die große Bild-Enzyklopädie“ aus dem Verlag Dorling Kindersley.
von Frank Stein
528 Seiten, über 2500 Farbfotographien und farbige Illustrationen, etwa 27 x 31 x 3,5 cm groß und mehr als zweieinhalb Kilo schwer. Wer den Hardcoverband mit dem geprägten Silberschriftzug und dem riesigen, goldenen Saturn auf dem Cover das erste Mal erblickt und in die Hand nimmt, ist schon vor dem Aufklappen beeindruckt. Wenn es je so etwas wie ein Coffee-Table-Book für Weltraumliebhaber gab, dann ist es dieses Werk. Dieser gute Eindruck bleibt auch erhalten, wenn man anfängt, in dem gewichtigen Buch zu blättern. Großformatige Bilder leiten Kapitel ein, die in einer Mischung aus mundgerecht zubereiteten und wissenschaftlich fundierten Informationen sowie zahllosen Illustrationen und Fotos eine Art „Was ist Was“-Buch für erwachsene Hobby-Astronomen darstellt.
Das Buch ist laut Inhaltsverzeichnis in drei große Inhaltskomplexe unterteilt: „Das All und seine Erforschung“, „Das Weltall“ und „Der Sternenhimmel“. Das klingt zunächst, als wäre das dreimal dasselbe, aber in den Unterkapiteln wird dann deutlicher, worum es jeweils geht. Zur leichteren Auffindbarkeit ist der Seitenschnitt des Buchs analog zu diesen Inhaltskomplexen farbcodiert, wobei hier allerdings fünf Farben vorherrschen, weil das große Kapitel „Das Weltall“ noch einmal in drei umfangreichere Unterkapitel aufgeteilt wurde: „Das Sonnensystem“, „Die Milchstraße“ und „Jenseits der Milchstraße“. Auch die anderen beiden Hauptkomplexe sind natürlich in Unterkapitel unterteilt, diese sind aber nicht farblich hervorgehoben.
Los geht es nach einer Einleitung mit der gar nicht kleinen Frage „Was ist das Universum?“ Hier werden astrophysikalische Grundlagen geboten. Nicht nur Größenordnungen im All und Arten von Himmelskörper kommen zur Sprache, sondern auch der Aufbau von Materie, Informationen zu Strahlung, Himmelsmechanik, Raum und Zeit. Sogar einen kleinen Ausflug in die Gefilde von Einsteins Relativitätstheorie wagen die Autoren. „Anfang und Ende des Universums“ widmet sich zunächst mit einem spektakulären Zeitstrahl dem Urknall, um danach das Leben im Universum und das Ende desselben kurz zu beleuchten. „Von der Erde aus gesehen“ widmet sich auf guten 30 Seiten schließlich dem Tätigkeitsfeld der Astronomie und spricht damit vor allem Hobby-Sterngucker an.
Der Hauptteil des Buches stellt dann unter dem Titel „Das Weltall“ unser Sonnensystem, die Milchstraße und alles, was jenseits davon liegt, vor. Die Reise beginnt bei der Sonne und danach geht es stetig weiter nach draußen. Phantastisch sind die überblicksartigen und doch genauen Beschreibungen der Himmelskörper im Sonnensystem. Gerade Venus, Mond, und Mars werden in einer Detailfreude (inkl. Kartenmaterial) dargestellt, die jedes Rollenspiel-Quellenbuch in den Schatten stellt. Wer also schon immer mal einen Science-Fiction-Roman oder ein Rollenspiel-Abenteuer in unserem Sonnensystem ansiedeln wollte, findet hier wirklich informatives, bilderreiches und gut präsentiertes Referenzmaterial.
Das Kapitel „Die Milchstraße“ führt den Leser im Folgenden über die Grenzen des Sonnensystems hinaus. Zugleich werden allgemeinere astrophysikalische Konzepte erläutert, so etwa die Entstehung und der Lebenszyklus von Sternen. Auch verschiedene Sternentypen werden beschrieben. Die wichtigsten kosmischen Nebel werden ebenso kurz vorgestellt, wie bedeutende Sterne. Dabei handelt es sich natürlich im Wesentlichen um knappe Info-Kästen. Die exzessiven Enzyklopädien des Internets bieten hier mehr. Doch als erste Orientierung genügt es. Vier Seiten über extrasolare Planeten schließen das Kapitel ab.
In „Jenseits der Milchstraße“ geht es um die richtig große Bühne. Welche Arten von Galaxien gibt es, wie entstehen sie und wie sind sie im Universum verteilt? Solche Fragen leiten das Kapitel ein, bevor erneut ein Katalog sehenswerter stellarer Objekte folgt, von vielen Bildern begleitet, die man so aus NASA-Quellen im Internet kennt. Galaxienhaufen und Galaxiensuperhaufen beenden die Reise schließlich in Dimensionen, die sich ein Mensch nicht mehr vorstellen kann. Faszinierend ist dabei immer wieder, wie weit wir heute mit unseren Teleskopen blicken können und wie wahnwitzig klein und unbedeutend unsere Erde doch im galaktischen Maßstab ist.
Um Blicke zum Sternenhimmel geht es im letzten Themenkomplex „Der Sternenhimmel“. Ab hier richtet sich das Buch dezidiert an Hobby-Sterngucker. Auf gut 150 Seiten werden nicht nur allgemeine Himmelskarten geboten und alle Sternbilder vorgestellt – von so bekannten wie dem Großen Bären, bis hin zu Exoten wie dem Indianer und der Pendeluhr –, sondern auch monatliche Sternkarten für die Jahre zwischen 2014 und 2021, die auf besondere „Höhepunkte“ am Sternenhimmel hinweisen. Ob man sich allerdings wirklich mit diesem Brocken von einem Buch nachts aufs Feld stellen möchte, sei mal dahingestellt.
Ein Glossar und ein umfangreiches Register schließen das Mammutwerk ab.
Fazit: Haptisch und visuell ist „Universum“ ein echtes Objekt des Begehrens für alle Weltraumliebhaber. Inhaltlich zerfällt das Buch in drei Teile. Überall da, wo die Enzyklopädie dem Leser das Universum in all seinen Facetten beschreibt, ist das Lesen und Entdecken ein wahrer Hochgenuss, ganz gleich ob man Hobby-Sterngucker, Science-Fiction-Autor oder Spielleiter eines Hard-SF-Rollenspiels in unserem Sonnensystem ist. Hier wird anschaulich auch kompliziertes Wissen vermittelt. Astronomie wird zum Abenteuer. Die Kataloge der Sterne und Galaxien überblättert man dagegen eher, denn gegenüber Online-Lexika bleiben die Einträge natürlich bescheiden und fungieren im Wesentlichen als erster Überblick. Den großen Teil mit Karten des Sternenhimmels brauchen am Ende wirklich nur jene Leser, die tatsächlich Himmelsbeobachtung betreiben – und die greifen dann vermutlich doch eher zu handlicheren Karten für den praktischen Einsatz als diesem dicken Buch, wenn sie aufs Feld ziehen. Trotzdem ist und bleibt „Universum“ ein faszinierendes Werk, in dem Weltraumliebhaber und solche, die es werden wollen, Stunden voll anregender Lektüre finden werden.
Universum – Die große Bild-Enzyklopädie
Sachbuch
Sir Martin Rees (Hrsg.)
Dorling Kindersley 2014
ISBN: 978-3-8310-2657-9
528 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 49,95
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