Es gibt ein paar Zitate, die sind einfach ins popkulturelle Gedächtnis eingebrannt. „I am your father!“ oder „Heʼs dead, Jim.“ sind zwei so Beispiele, ebenso wie „Soylent Green is people!“. Diese grausige Erkenntnis, dass das Lebensmittel hungernder Massen in der dystopischen Zukunft aus Menschenfleisch besteht, steht am Ende des Films „Soylent Green“ – zu Deutsch „… Jahr 2022 … die überleben wollen“ –, einem US-Science-Fiction-Film von 1973 mit Charlton Heston, der als Detektiv einem Mord nachgeht und dabei auf eine grausige Verschwörung stößt. Die Vorlage lieferte der Roman „Make Room! Make Room!“ (1966) von Harry Harrison. Wie skandalös mag das Original wohl sein?
von Frank Stein
New York, 1999. Bei brütender Hitze vegetieren 35 Millionen Menschen in den Straßenschluchten des Molochs, der einst die Hochburg des Kapitalismus und der Ressourcenverschwendung war, dahin. Es gibt kein Öl mehr und Wasser, Lebensmittel und Wohnraum sind so knapp, dass es die meisten Bewohner unter erbärmlichen Verhältnissen leben müssen und es regelmäßig zu Ausschreitungen kommt. Die Polizei ist praktisch machtlos. Nur die Reichen führen weiterhin ein Leben in Saus und Braus, haben gutes Essen und ständig genug Wasser, allerdings alles zu horrenden Preisen. Und obwohl der Erzählfokus auf New York bleibt, scheint es auf der ganzen Welt so zu sein. 7 Milliarden Menschen haben den Planeten Erde heruntergewirtschaftet. Was bleibt, ist ein Dasein unter wahrhaft dystopischen Bedingungen.
Vor diesem Hintergrund kommt ein Mann um, ein hohes Tier in Verbrecherkreisen, eigentlich ein Mistkerl, um den es nicht Schade ist, aber er hatte Freunde an den richtigen Stellen und darum wird die Polizei unter Druck gesetzt, zu ermitteln. Der Job fällt Andy Rusch zu, einem Idealisten, möchte man sagen, denn er macht seinen Job, obwohl widerwillig, absolut zuverlässig. Vielleicht hat er aber auch einfach nur Angst, ihn zu verlieren – in dieser Umwelt wäre das für ihn das Ende. So jagt er monatelang einem Phantom nach, lernt dabei eine Frau kennen und verliert einen Freund. Und am Ende feiert ein wahnsinniger Big Apple das Silvester der Jahrtausendwende.
Moment mal, mag sich mancher denken. Wo bitte ist denn hier das Menschenfleisch. Tja, das gibt es nicht. Denn der Film von Richard Fleischer hat mit dem Roman außer dem Hintergrund nicht viel gemeinsam. Die Story ist eine völlig andere. In der ursprünglichen deutschen Ausgabe hieß der Roman auch „New York 1999“, ein spröder Titel, aber deutlich passender. Der Mantikore Verlag hat sich für seine Neuausgabe am Film orientiert, sowohl was den Titel betrifft als auch das Cover, das einen grausigen Menschenschädel in giftgrün zeigt, auf dessen Stirn das Markenlogo SG prangt. Total atmosphärisch – und völlig irreführend. Denn auch wenn Harry Harrisons Roman ein wirklich düsteres und schonungsloses Bild der (damaligen) Zukunft zeichnet, ist er weit davon entfernt, auf eine Weise reißerisch zu sein, wie es der Film ist. Soylent ist nur eins von zahlreichen billigen Ersatznahrungsmitteln, das in drei Nebensätzen erwähnt wird.
Im Grunde ist die Handlung eigentlich eher unspektakulär. Harrison beschreibt in unaufgeregtem Stil vor allem den Alltag in einer vollkommen heruntergekommenen Millionenstadt. Weder aus dem Kriminalfall um den Mord noch aus der Liebesgeschichte zwischen Andy und dem Mädchen des Schurken, Shirl Greene, zieht er viel Dramatik. In diesem Sinne ist „Soylent Green“ weniger ein Unterhaltungsroman, als eine 300-seitige Mahnung an die Leser, was mit der Welt passieren könnte, wenn man nicht ein wenig auf sie aufpasst. Einen der ersten Öko-Science-Fiction wurde der Roman daher auch im Nachhinein genannt, ein Label, das durch die moralischen Monologe des alten Solomon Kahn, Ruschs Mitbewohner, unterstrichen wird.
An der vorliegenden Ausgabe ist leider das mangelnde Lektorat zu kritisieren. Es finden sich mehr als nur ein paar Rechtschreibfehler, wobei die fehlenden Worte den Lesefluss am meisten stören. Zusammen mit dem irreführenden Cover, das Unwissende ein wenig enttäuscht zurücklässt, kann daher trotz des Textes, der sicher ein Klassiker des Genres ist, keine uneingeschränkte Empfehlung ausgesprochen werden.
Fazit: In „Soylent Green“ geht es nicht um Menschenfleisch. Es geht um Überbevölkerung und den ökologischen Kollaps, um ein unmenschliches Leben in einer Millionenstadt der Zukunft (zumindest aus Sicht des Autors). Die Gegenwart mag den Text längst überholt haben, aber die grundsätzlichen Mahnungen bleiben bestehen und das Beschriebene mag nach wie vor eintreten (was nicht zu hoffen ist). Die Mantikore-Verlag-Ausgabe verwirrt leider durch eine Verpackung, die etwas verspricht, das nicht eingehalten wird. Außerdem weist der Text einige Mängel auf. So lobenswert es ist, den alten Text erneut verfügbar zu machen: Diese Ausgabe ist nicht ganz gelungen.
Soylent Green
Science-Fiction-Roman
Harry Harrison
Mantikore Verlag 2013
ISBN: 978-3-939212-36-2
319 S., Paperback, deutsch
Preis: EUR 13,95
bei amazon.de bestellen
Das Archiv der Sterne
Es gibt viele Blogs, die sich Fantasy-Themen widmen. Dieses Blog soll ganz der Science-Fiction in all ihren Spielarten gewidmet sein. Vor allem werde ich hier Buchrezensionen einstellen, aber auch gelegentlich solche von Filmen oder Brettspielen. Und mal sehen, was mir noch so einfällt.
Dienstag, 23. Mai 2017
Samstag, 24. Oktober 2015
Universum – Die große Bild-Enzyklopädie
Qo’noS und Coruscant, die Kessel-Route und die Badlands, Hyperraum, Subraum und Wurmlöcher ... Genre-Galaxien und ihre astrophysikalischen Eigenarten faszinieren Science-Fiction-Fans schon seit jeher. Wie spannend hingegen allein unser reales Universum ist, verdeutlicht prachtvoll der schwergewichtige Hardcoverband mit dem schlichten Titel „Universum – Die große Bild-Enzyklopädie“ aus dem Verlag Dorling Kindersley.
von Frank Stein
528 Seiten, über 2500 Farbfotographien und farbige Illustrationen, etwa 27 x 31 x 3,5 cm groß und mehr als zweieinhalb Kilo schwer. Wer den Hardcoverband mit dem geprägten Silberschriftzug und dem riesigen, goldenen Saturn auf dem Cover das erste Mal erblickt und in die Hand nimmt, ist schon vor dem Aufklappen beeindruckt. Wenn es je so etwas wie ein Coffee-Table-Book für Weltraumliebhaber gab, dann ist es dieses Werk. Dieser gute Eindruck bleibt auch erhalten, wenn man anfängt, in dem gewichtigen Buch zu blättern. Großformatige Bilder leiten Kapitel ein, die in einer Mischung aus mundgerecht zubereiteten und wissenschaftlich fundierten Informationen sowie zahllosen Illustrationen und Fotos eine Art „Was ist Was“-Buch für erwachsene Hobby-Astronomen darstellt.
Das Buch ist laut Inhaltsverzeichnis in drei große Inhaltskomplexe unterteilt: „Das All und seine Erforschung“, „Das Weltall“ und „Der Sternenhimmel“. Das klingt zunächst, als wäre das dreimal dasselbe, aber in den Unterkapiteln wird dann deutlicher, worum es jeweils geht. Zur leichteren Auffindbarkeit ist der Seitenschnitt des Buchs analog zu diesen Inhaltskomplexen farbcodiert, wobei hier allerdings fünf Farben vorherrschen, weil das große Kapitel „Das Weltall“ noch einmal in drei umfangreichere Unterkapitel aufgeteilt wurde: „Das Sonnensystem“, „Die Milchstraße“ und „Jenseits der Milchstraße“. Auch die anderen beiden Hauptkomplexe sind natürlich in Unterkapitel unterteilt, diese sind aber nicht farblich hervorgehoben.
Los geht es nach einer Einleitung mit der gar nicht kleinen Frage „Was ist das Universum?“ Hier werden astrophysikalische Grundlagen geboten. Nicht nur Größenordnungen im All und Arten von Himmelskörper kommen zur Sprache, sondern auch der Aufbau von Materie, Informationen zu Strahlung, Himmelsmechanik, Raum und Zeit. Sogar einen kleinen Ausflug in die Gefilde von Einsteins Relativitätstheorie wagen die Autoren. „Anfang und Ende des Universums“ widmet sich zunächst mit einem spektakulären Zeitstrahl dem Urknall, um danach das Leben im Universum und das Ende desselben kurz zu beleuchten. „Von der Erde aus gesehen“ widmet sich auf guten 30 Seiten schließlich dem Tätigkeitsfeld der Astronomie und spricht damit vor allem Hobby-Sterngucker an.
Der Hauptteil des Buches stellt dann unter dem Titel „Das Weltall“ unser Sonnensystem, die Milchstraße und alles, was jenseits davon liegt, vor. Die Reise beginnt bei der Sonne und danach geht es stetig weiter nach draußen. Phantastisch sind die überblicksartigen und doch genauen Beschreibungen der Himmelskörper im Sonnensystem. Gerade Venus, Mond, und Mars werden in einer Detailfreude (inkl. Kartenmaterial) dargestellt, die jedes Rollenspiel-Quellenbuch in den Schatten stellt. Wer also schon immer mal einen Science-Fiction-Roman oder ein Rollenspiel-Abenteuer in unserem Sonnensystem ansiedeln wollte, findet hier wirklich informatives, bilderreiches und gut präsentiertes Referenzmaterial.
Das Kapitel „Die Milchstraße“ führt den Leser im Folgenden über die Grenzen des Sonnensystems hinaus. Zugleich werden allgemeinere astrophysikalische Konzepte erläutert, so etwa die Entstehung und der Lebenszyklus von Sternen. Auch verschiedene Sternentypen werden beschrieben. Die wichtigsten kosmischen Nebel werden ebenso kurz vorgestellt, wie bedeutende Sterne. Dabei handelt es sich natürlich im Wesentlichen um knappe Info-Kästen. Die exzessiven Enzyklopädien des Internets bieten hier mehr. Doch als erste Orientierung genügt es. Vier Seiten über extrasolare Planeten schließen das Kapitel ab.
In „Jenseits der Milchstraße“ geht es um die richtig große Bühne. Welche Arten von Galaxien gibt es, wie entstehen sie und wie sind sie im Universum verteilt? Solche Fragen leiten das Kapitel ein, bevor erneut ein Katalog sehenswerter stellarer Objekte folgt, von vielen Bildern begleitet, die man so aus NASA-Quellen im Internet kennt. Galaxienhaufen und Galaxiensuperhaufen beenden die Reise schließlich in Dimensionen, die sich ein Mensch nicht mehr vorstellen kann. Faszinierend ist dabei immer wieder, wie weit wir heute mit unseren Teleskopen blicken können und wie wahnwitzig klein und unbedeutend unsere Erde doch im galaktischen Maßstab ist.
Um Blicke zum Sternenhimmel geht es im letzten Themenkomplex „Der Sternenhimmel“. Ab hier richtet sich das Buch dezidiert an Hobby-Sterngucker. Auf gut 150 Seiten werden nicht nur allgemeine Himmelskarten geboten und alle Sternbilder vorgestellt – von so bekannten wie dem Großen Bären, bis hin zu Exoten wie dem Indianer und der Pendeluhr –, sondern auch monatliche Sternkarten für die Jahre zwischen 2014 und 2021, die auf besondere „Höhepunkte“ am Sternenhimmel hinweisen. Ob man sich allerdings wirklich mit diesem Brocken von einem Buch nachts aufs Feld stellen möchte, sei mal dahingestellt.
Ein Glossar und ein umfangreiches Register schließen das Mammutwerk ab.
Fazit: Haptisch und visuell ist „Universum“ ein echtes Objekt des Begehrens für alle Weltraumliebhaber. Inhaltlich zerfällt das Buch in drei Teile. Überall da, wo die Enzyklopädie dem Leser das Universum in all seinen Facetten beschreibt, ist das Lesen und Entdecken ein wahrer Hochgenuss, ganz gleich ob man Hobby-Sterngucker, Science-Fiction-Autor oder Spielleiter eines Hard-SF-Rollenspiels in unserem Sonnensystem ist. Hier wird anschaulich auch kompliziertes Wissen vermittelt. Astronomie wird zum Abenteuer. Die Kataloge der Sterne und Galaxien überblättert man dagegen eher, denn gegenüber Online-Lexika bleiben die Einträge natürlich bescheiden und fungieren im Wesentlichen als erster Überblick. Den großen Teil mit Karten des Sternenhimmels brauchen am Ende wirklich nur jene Leser, die tatsächlich Himmelsbeobachtung betreiben – und die greifen dann vermutlich doch eher zu handlicheren Karten für den praktischen Einsatz als diesem dicken Buch, wenn sie aufs Feld ziehen. Trotzdem ist und bleibt „Universum“ ein faszinierendes Werk, in dem Weltraumliebhaber und solche, die es werden wollen, Stunden voll anregender Lektüre finden werden.
Universum – Die große Bild-Enzyklopädie
Sachbuch
Sir Martin Rees (Hrsg.)
Dorling Kindersley 2014
ISBN: 978-3-8310-2657-9
528 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 49,95
bei amazon.de bestellen
von Frank Stein
528 Seiten, über 2500 Farbfotographien und farbige Illustrationen, etwa 27 x 31 x 3,5 cm groß und mehr als zweieinhalb Kilo schwer. Wer den Hardcoverband mit dem geprägten Silberschriftzug und dem riesigen, goldenen Saturn auf dem Cover das erste Mal erblickt und in die Hand nimmt, ist schon vor dem Aufklappen beeindruckt. Wenn es je so etwas wie ein Coffee-Table-Book für Weltraumliebhaber gab, dann ist es dieses Werk. Dieser gute Eindruck bleibt auch erhalten, wenn man anfängt, in dem gewichtigen Buch zu blättern. Großformatige Bilder leiten Kapitel ein, die in einer Mischung aus mundgerecht zubereiteten und wissenschaftlich fundierten Informationen sowie zahllosen Illustrationen und Fotos eine Art „Was ist Was“-Buch für erwachsene Hobby-Astronomen darstellt.
Das Buch ist laut Inhaltsverzeichnis in drei große Inhaltskomplexe unterteilt: „Das All und seine Erforschung“, „Das Weltall“ und „Der Sternenhimmel“. Das klingt zunächst, als wäre das dreimal dasselbe, aber in den Unterkapiteln wird dann deutlicher, worum es jeweils geht. Zur leichteren Auffindbarkeit ist der Seitenschnitt des Buchs analog zu diesen Inhaltskomplexen farbcodiert, wobei hier allerdings fünf Farben vorherrschen, weil das große Kapitel „Das Weltall“ noch einmal in drei umfangreichere Unterkapitel aufgeteilt wurde: „Das Sonnensystem“, „Die Milchstraße“ und „Jenseits der Milchstraße“. Auch die anderen beiden Hauptkomplexe sind natürlich in Unterkapitel unterteilt, diese sind aber nicht farblich hervorgehoben.
Los geht es nach einer Einleitung mit der gar nicht kleinen Frage „Was ist das Universum?“ Hier werden astrophysikalische Grundlagen geboten. Nicht nur Größenordnungen im All und Arten von Himmelskörper kommen zur Sprache, sondern auch der Aufbau von Materie, Informationen zu Strahlung, Himmelsmechanik, Raum und Zeit. Sogar einen kleinen Ausflug in die Gefilde von Einsteins Relativitätstheorie wagen die Autoren. „Anfang und Ende des Universums“ widmet sich zunächst mit einem spektakulären Zeitstrahl dem Urknall, um danach das Leben im Universum und das Ende desselben kurz zu beleuchten. „Von der Erde aus gesehen“ widmet sich auf guten 30 Seiten schließlich dem Tätigkeitsfeld der Astronomie und spricht damit vor allem Hobby-Sterngucker an.
Der Hauptteil des Buches stellt dann unter dem Titel „Das Weltall“ unser Sonnensystem, die Milchstraße und alles, was jenseits davon liegt, vor. Die Reise beginnt bei der Sonne und danach geht es stetig weiter nach draußen. Phantastisch sind die überblicksartigen und doch genauen Beschreibungen der Himmelskörper im Sonnensystem. Gerade Venus, Mond, und Mars werden in einer Detailfreude (inkl. Kartenmaterial) dargestellt, die jedes Rollenspiel-Quellenbuch in den Schatten stellt. Wer also schon immer mal einen Science-Fiction-Roman oder ein Rollenspiel-Abenteuer in unserem Sonnensystem ansiedeln wollte, findet hier wirklich informatives, bilderreiches und gut präsentiertes Referenzmaterial.
Das Kapitel „Die Milchstraße“ führt den Leser im Folgenden über die Grenzen des Sonnensystems hinaus. Zugleich werden allgemeinere astrophysikalische Konzepte erläutert, so etwa die Entstehung und der Lebenszyklus von Sternen. Auch verschiedene Sternentypen werden beschrieben. Die wichtigsten kosmischen Nebel werden ebenso kurz vorgestellt, wie bedeutende Sterne. Dabei handelt es sich natürlich im Wesentlichen um knappe Info-Kästen. Die exzessiven Enzyklopädien des Internets bieten hier mehr. Doch als erste Orientierung genügt es. Vier Seiten über extrasolare Planeten schließen das Kapitel ab.
In „Jenseits der Milchstraße“ geht es um die richtig große Bühne. Welche Arten von Galaxien gibt es, wie entstehen sie und wie sind sie im Universum verteilt? Solche Fragen leiten das Kapitel ein, bevor erneut ein Katalog sehenswerter stellarer Objekte folgt, von vielen Bildern begleitet, die man so aus NASA-Quellen im Internet kennt. Galaxienhaufen und Galaxiensuperhaufen beenden die Reise schließlich in Dimensionen, die sich ein Mensch nicht mehr vorstellen kann. Faszinierend ist dabei immer wieder, wie weit wir heute mit unseren Teleskopen blicken können und wie wahnwitzig klein und unbedeutend unsere Erde doch im galaktischen Maßstab ist.
Um Blicke zum Sternenhimmel geht es im letzten Themenkomplex „Der Sternenhimmel“. Ab hier richtet sich das Buch dezidiert an Hobby-Sterngucker. Auf gut 150 Seiten werden nicht nur allgemeine Himmelskarten geboten und alle Sternbilder vorgestellt – von so bekannten wie dem Großen Bären, bis hin zu Exoten wie dem Indianer und der Pendeluhr –, sondern auch monatliche Sternkarten für die Jahre zwischen 2014 und 2021, die auf besondere „Höhepunkte“ am Sternenhimmel hinweisen. Ob man sich allerdings wirklich mit diesem Brocken von einem Buch nachts aufs Feld stellen möchte, sei mal dahingestellt.
Ein Glossar und ein umfangreiches Register schließen das Mammutwerk ab.
Fazit: Haptisch und visuell ist „Universum“ ein echtes Objekt des Begehrens für alle Weltraumliebhaber. Inhaltlich zerfällt das Buch in drei Teile. Überall da, wo die Enzyklopädie dem Leser das Universum in all seinen Facetten beschreibt, ist das Lesen und Entdecken ein wahrer Hochgenuss, ganz gleich ob man Hobby-Sterngucker, Science-Fiction-Autor oder Spielleiter eines Hard-SF-Rollenspiels in unserem Sonnensystem ist. Hier wird anschaulich auch kompliziertes Wissen vermittelt. Astronomie wird zum Abenteuer. Die Kataloge der Sterne und Galaxien überblättert man dagegen eher, denn gegenüber Online-Lexika bleiben die Einträge natürlich bescheiden und fungieren im Wesentlichen als erster Überblick. Den großen Teil mit Karten des Sternenhimmels brauchen am Ende wirklich nur jene Leser, die tatsächlich Himmelsbeobachtung betreiben – und die greifen dann vermutlich doch eher zu handlicheren Karten für den praktischen Einsatz als diesem dicken Buch, wenn sie aufs Feld ziehen. Trotzdem ist und bleibt „Universum“ ein faszinierendes Werk, in dem Weltraumliebhaber und solche, die es werden wollen, Stunden voll anregender Lektüre finden werden.
Universum – Die große Bild-Enzyklopädie
Sachbuch
Sir Martin Rees (Hrsg.)
Dorling Kindersley 2014
ISBN: 978-3-8310-2657-9
528 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 49,95
bei amazon.de bestellen
Mittwoch, 15. Oktober 2014
Star Wars: Darth Maul – In Eisen
Er war zweifelsohne der dämonischste Schurke, den man im „Star Wars“-Universum bis dato gesehen hatte, ein rothäutiger Kerl mit schwarzer Fratzentätowierung im Gesicht und einem Kranz Hörner auf dem kahlen Schädel, der nicht nur aussah wie der Teufel persönlich, sondern auch genauso kämpfen konnte. Darth Maul hieß dieser Schüler des ominösen Ober-Sith Darth Sidious, der uns in „Die dunkle Bedrohung“ präsentiert wurde, und es gelang ihm binnen kürzester Zeit, sich in die illustre Riege an „Star Wars“-Schurken einzureihen, die bereits nach wenigen Augenblicken auf der Leinwand zu Kultfiguren wurden. „In Eisen“ erzählt eine Geschichte kurz bevor Maul losgeschickt wurde, um Jedi zu jagen.
von Frank Stein
Einmal mehr hat „Star Wars“-Autor Joe Schreiber, der uns die Romane „Der Todeskreuzer“ und „Darth Scabrous“ bescherte, zur Feder gegriffen. Joe Schreiber, das muss man vorab wissen, ist sozusagen als Horrorautor für das Franchise angestellt worden. Entsprechend geht es in seinen Romanen deutlich derber zu, als in irgendeinem anderen „Star Wars“-Abenteuer. Herausgerissene Gedärme, leere Augenhöhlen, Menschenfresser und zu endlosen Qualen verdammte Seelen: Wären seine Bücher Filme, wäre ihnen die FSK18-Einstufung sicher. Dass er für eine Geschichte, in welcher der einsame Killer Darth Maul sozusagen als „Sympathieträger“ fungiert, der richtige Mann ist, versteht sich von selbst.
Das Setting gleicht einem Kammerspiel: Darth Maul wird von seinem Meister nach Radbau Sieben geschickt, in ein Hochsicherheitsgefängnis in Form einer modularen und sich ständig verändernden Raumstation, wo Maul den ominösen Waffenhändler Iram Radique finden soll. Es gilt, einen Handel zwischen dem psychopathischen Erfinder von Todeswerkzeugen und einem fanatischen Todeskult unter Führerschaft einer gefallenen Jedi in die Wege zu leiten. Doch die ganze Sache muss im Geheimen vonstatten gehen, weswegen Maul verboten ist, seine Kräfte einzusetzen. Er muss als gewöhnlicher Gefangener nach Radbau Sieben – und ist zunächst voll und ganz damit beschäftigt, zwischen rivalisierenden Gangs und illegalen Arenakämpfen zu überleben. Sein Kampf nach oben ist mühsam und blutig, und seine Suche nach Radique wird zur Reise ins finstere Herz dieses Orts der Verdammten.
Ich habe „Der Todeskreuzer“ und „Darth Scabrous“ nicht gelesen, bevor ich mich an „In Eisen“ wagte. Aber natürlich hatte ich von den Romanen gehört, also glaubte ich mich zumindest halbwegs vorbereitet. Dennoch muss ich gestehen, dass ich zwischendurch erstaunt die Augenbrauen gehoben habe. Was das All-Age-Franchise „Star Wars“, das von Jahr zu Jahr auf jüngeres Publikum zielt, sich da erlaubt hat, ist schon krass. Der Roman erfüllt alle Klischees des B-Movie-Gefängnisfilms (von korrupten Wachen, über die sadistische Direktorin, bis hin zu illegalen Todesduellen) und er ist auch überreich mit Horrormotiven und -momenten ausgestattet. Hier kommt wirklich kaum einer lebend raus. Mit „Star Wars“, wie man es bei Kevin J. Anderson oder Michael Stackpole einst las, hat das wenig zu tun, auch wenn Jabba, ein Wampa und diverse Bösewichte aus dem Umfeld der Prequels Kurzauftritte haben.
Doch nur um das klarzustellen: Das finde ich nicht schlecht! Es gibt eine Menge typische „Star Wars“-Romane, mit schneidigen Piloten, sarkastischen Schmugglern und der Welten erschütternden Bedrohung des Monats. Sie alle sind auf ihre Weise unterhaltsam, doch das Franchise ist größer. Es ist groß genug für Experimente am Rand, für humorvolle Geschichten, für reinen Pulp, für „Heist-Movies“ und Agententhriller – und eben auch für Horrorromane. Zugegeben, „In Eisen“ hätte vielleicht fünfzig Seiten kürzer sein können. Der Plot ist etwas dünn, der Schauplatz bleibt – von kurzen Abstechern zu Darth Sidious – auf Radbau Sieben begrenzt. Und wenn man sich erst mal daran gewöhnt hat, dass Augen eingedrückt, Kehlen herausgerissen und Leiber zerfetzt werden, betrachtet man das Schicksal der Verurteilten und ihrer Wärter zunehmend distanziert, eine wohl zwangsläufige Folge des hohen Bodycounts.
Trotzdem kann man das Experiment als gelungen bezeichnen. Der Roman passt absolut zur düsteren Figur Darth Maul, sein zielstrebiges, über weite Strecken gefühlloses Handeln unterstreicht das, was man von ihm in „Die dunkle Bedrohung“ gesehen hat. Was mich einzig ein wenig verwirrt hat, war die Präsenz von Darth Plagueis, dem auch in „Die Rache der Sith“ erwähnten Meister von Sidious. Offenbar haben es die Sith mit dem „Ein Meister, ein Schüler“-Konzept nicht so ernst genommen, wie es die Jedi stets dachten. Denn Maul wird offen als Sidious’ Schüler bezeichnet, der wiederum ganz offensichtlich unter Plagueis’ Fuchtel steht. Details dieser Konstellation bleibt der Autor dem Leser schuldig. Vermutlich muss man die zeitgleich angesiedelten Romane „Schleier der Täuschung“ und/oder „Darth Plagueis“ lesen, um die Beziehungsverhältnisse besser zu verstehen.
Fazit: Für Leser, die einen typischen „Star Wars“-Roman suchen, ist „Darth Maul – In Eisen“ sicher die falsche Lektüre. Joe Schreiber ist der Mann für die Horrorkost im „Star Wars“-Universum. Und die liefert er auch in diesem Roman ab. Wer allerdings Spaß an Experimenten hat und mit „literarischen FSK18-Stoffen“ umgehen kann, wird an dem Gefängnis-B-Movie mit Horrorelementen und einem Schuss dunkler Seite der Macht seinen Spaß haben.
Star Wars: Darth Maul – In Eisen
Film/Serien-Roman
Joe Schreiber
blanvalet 2014
ISBN: 9783442269839
464 S., broschiert, deutsch
Preis: EUR 13,00
bei amazon.de bestellen
von Frank Stein
Einmal mehr hat „Star Wars“-Autor Joe Schreiber, der uns die Romane „Der Todeskreuzer“ und „Darth Scabrous“ bescherte, zur Feder gegriffen. Joe Schreiber, das muss man vorab wissen, ist sozusagen als Horrorautor für das Franchise angestellt worden. Entsprechend geht es in seinen Romanen deutlich derber zu, als in irgendeinem anderen „Star Wars“-Abenteuer. Herausgerissene Gedärme, leere Augenhöhlen, Menschenfresser und zu endlosen Qualen verdammte Seelen: Wären seine Bücher Filme, wäre ihnen die FSK18-Einstufung sicher. Dass er für eine Geschichte, in welcher der einsame Killer Darth Maul sozusagen als „Sympathieträger“ fungiert, der richtige Mann ist, versteht sich von selbst.
Das Setting gleicht einem Kammerspiel: Darth Maul wird von seinem Meister nach Radbau Sieben geschickt, in ein Hochsicherheitsgefängnis in Form einer modularen und sich ständig verändernden Raumstation, wo Maul den ominösen Waffenhändler Iram Radique finden soll. Es gilt, einen Handel zwischen dem psychopathischen Erfinder von Todeswerkzeugen und einem fanatischen Todeskult unter Führerschaft einer gefallenen Jedi in die Wege zu leiten. Doch die ganze Sache muss im Geheimen vonstatten gehen, weswegen Maul verboten ist, seine Kräfte einzusetzen. Er muss als gewöhnlicher Gefangener nach Radbau Sieben – und ist zunächst voll und ganz damit beschäftigt, zwischen rivalisierenden Gangs und illegalen Arenakämpfen zu überleben. Sein Kampf nach oben ist mühsam und blutig, und seine Suche nach Radique wird zur Reise ins finstere Herz dieses Orts der Verdammten.
Ich habe „Der Todeskreuzer“ und „Darth Scabrous“ nicht gelesen, bevor ich mich an „In Eisen“ wagte. Aber natürlich hatte ich von den Romanen gehört, also glaubte ich mich zumindest halbwegs vorbereitet. Dennoch muss ich gestehen, dass ich zwischendurch erstaunt die Augenbrauen gehoben habe. Was das All-Age-Franchise „Star Wars“, das von Jahr zu Jahr auf jüngeres Publikum zielt, sich da erlaubt hat, ist schon krass. Der Roman erfüllt alle Klischees des B-Movie-Gefängnisfilms (von korrupten Wachen, über die sadistische Direktorin, bis hin zu illegalen Todesduellen) und er ist auch überreich mit Horrormotiven und -momenten ausgestattet. Hier kommt wirklich kaum einer lebend raus. Mit „Star Wars“, wie man es bei Kevin J. Anderson oder Michael Stackpole einst las, hat das wenig zu tun, auch wenn Jabba, ein Wampa und diverse Bösewichte aus dem Umfeld der Prequels Kurzauftritte haben.
Doch nur um das klarzustellen: Das finde ich nicht schlecht! Es gibt eine Menge typische „Star Wars“-Romane, mit schneidigen Piloten, sarkastischen Schmugglern und der Welten erschütternden Bedrohung des Monats. Sie alle sind auf ihre Weise unterhaltsam, doch das Franchise ist größer. Es ist groß genug für Experimente am Rand, für humorvolle Geschichten, für reinen Pulp, für „Heist-Movies“ und Agententhriller – und eben auch für Horrorromane. Zugegeben, „In Eisen“ hätte vielleicht fünfzig Seiten kürzer sein können. Der Plot ist etwas dünn, der Schauplatz bleibt – von kurzen Abstechern zu Darth Sidious – auf Radbau Sieben begrenzt. Und wenn man sich erst mal daran gewöhnt hat, dass Augen eingedrückt, Kehlen herausgerissen und Leiber zerfetzt werden, betrachtet man das Schicksal der Verurteilten und ihrer Wärter zunehmend distanziert, eine wohl zwangsläufige Folge des hohen Bodycounts.
Trotzdem kann man das Experiment als gelungen bezeichnen. Der Roman passt absolut zur düsteren Figur Darth Maul, sein zielstrebiges, über weite Strecken gefühlloses Handeln unterstreicht das, was man von ihm in „Die dunkle Bedrohung“ gesehen hat. Was mich einzig ein wenig verwirrt hat, war die Präsenz von Darth Plagueis, dem auch in „Die Rache der Sith“ erwähnten Meister von Sidious. Offenbar haben es die Sith mit dem „Ein Meister, ein Schüler“-Konzept nicht so ernst genommen, wie es die Jedi stets dachten. Denn Maul wird offen als Sidious’ Schüler bezeichnet, der wiederum ganz offensichtlich unter Plagueis’ Fuchtel steht. Details dieser Konstellation bleibt der Autor dem Leser schuldig. Vermutlich muss man die zeitgleich angesiedelten Romane „Schleier der Täuschung“ und/oder „Darth Plagueis“ lesen, um die Beziehungsverhältnisse besser zu verstehen.
Fazit: Für Leser, die einen typischen „Star Wars“-Roman suchen, ist „Darth Maul – In Eisen“ sicher die falsche Lektüre. Joe Schreiber ist der Mann für die Horrorkost im „Star Wars“-Universum. Und die liefert er auch in diesem Roman ab. Wer allerdings Spaß an Experimenten hat und mit „literarischen FSK18-Stoffen“ umgehen kann, wird an dem Gefängnis-B-Movie mit Horrorelementen und einem Schuss dunkler Seite der Macht seinen Spaß haben.
Star Wars: Darth Maul – In Eisen
Film/Serien-Roman
Joe Schreiber
blanvalet 2014
ISBN: 9783442269839
464 S., broschiert, deutsch
Preis: EUR 13,00
bei amazon.de bestellen
Donnerstag, 5. September 2013
Relic
Wenn es jemals so etwas wie industrielle Brettspielproduktion gegeben hat, wird sie von Fantasy Flight Games betrieben. Die Macher um Christian T. Petersen haben im Laufe der Jahre nicht nur große Lizenzen wie „Warhammer 40.000“, „World of Warcraft“ und jüngst „Star Wars“ auf den Spieltisch gebracht, sie haben mit „Arkham Horror“, „Runebound“ und „Android“ auch eigene Spiel-Universen begründet und zahlreichen Klassikern („Cosmic Encounter“, „DungeonQuest“, „Talisman“) zu neuem Glanz verholfen. „Relic“ nun ist ein Hybrid. Es verbindet das Universum von „Warhammer 40.000“ mit dem Spielprinzip von „Talisman“. Ob das funktioniert?
von Frank Stein
Genau wie „Talisman“ ist „Relic“ ein Abenteuerspiel – statt für 2 bis 6 nur für 2 bis 4 Spieler – und verbindet Rollenspiel- und Brettspiel-Elemente. Die Spieler führen einen von 10 Charakteren, vom brachialen Captain der Ultramarines bis hin zum gewieften Freihändler, die allesamt spezielle Vor- und Nachteile aufweisen. Um eines der fünf Szenarien zu gewinnen, die durch je eine Szenariokarte in der Mitte des Spielbretts beschrieben werden, reisen sie durchs düstere Universum von „Warhammer 40.000“ (genauer: den Antian-Sektor), bekämpfen Xenos, erforschen Orte des Chaos und sammeln dabei Ausrüstung, Begleiter und Erfahrung, die sie immer stärker machen – denn nur wer gut gerüstet ist, vermag die ultimative Herausforderung zu meistern.
Die Aufmachung
„Relic“ kommt im hübschen Standard-Format-Spielkarton daher, dessen Cover einen kampfbereiten Space Marine zeigt. Bereits hier wird zwischen düsterem Grau-Braun und kränklich wirkenden Spektralfarben der Tonfall des Spiels farblich gesetzt. Auch das große Spielbrett, das unter anderem die Fabrikwelt Telios V, die Makropolwelt Vaulgast, die Verheerten Regionen und den Zwielichtrand zeigt, passt dazu. Das Artwork ist düster und brachial, die Farben ein Kaleidoskop des Chaos. Leider sind viele Felder recht kontrastarm, sodass man die tollen Motive nicht so gut erkennen kann, wie es wohl möglich gewesen wäre. Außerdem verlaufen Risse an den Stellen durch die Bilder, wo die Karte gefaltet wird (und, nein, das ist nicht bei allen Brettspielen so).
Auch die Illustrationen auf den zahllosen Spielkarten sind teilweise von phänomenaler Qualität. Eine Schande, dass sie meist nur Briefmarkengröße haben und daher nicht sehr gut erkennbar sind (diese Miniatur-Spielkarten von 4*6,5 cm, die sich FFG vor Jahren mal angewöhnt hat, um bei ihren materiallastigen Produkten Papier zu sparen, sind irgendwie eine Unart und nichts für Leute mit Sehschwäche). Sehr übersichtlich ist dagegen das Regelwerk ausgefallen, dass bis auf zwei, drei Kleinigkeiten gut ins Spiel einführt und auch alle Fragen beantwortet.
Etwas gemischt sind die zehn Büsten der Charaktere zu bewerten. Während der Guss echt gut und sehr detailreich ist, passen die vier farbigen Ständer, die man darunter steckt, leider gar nicht. Man muss sehr viel Gewalt einsetzen, um sie zu befestigen – und selbst dann fallen Ständer und Figur manchmal noch auseinander. Unterm Strich mag hier einiges eher kritisch klingen, tatsächlich stört man sich während des Spiels allerdings kaum an diesen Dingen. Alles in allem ist das Spielmaterial durchaus sehr hübsch zu nennen.
Das Spiel
„Relic“ ist für 2 bis 4 Spieler ausgelegt. Spielziel ist es, als erster Spieler das jeweilige Szenarioziel in der Mitte des Spielbretts zu erreichen und zu erfüllen. Dazu reisen die Charaktere der Spieler in den drei ringförmig angeordneten und über Spezialfelder verbundenen Sphären umher, der Äußeren, Mittleren und Inneren Sphäre, wobei mit jeder Sphäre der Schwierigkeitsgrad der Herausforderungen zunimmt.
Ein Spieler, der am Zug ist, würfelt zunächst seine Bewegung aus und begibt sich dann gemäß der erwürfelten Augenzahl auf ein Feld zur Linken oder zur Rechten. Was er dort erlebt, wird durch den Spieltext beziehungsweise die Farbsiegel des Feldes bestimmt. Einerseits existieren Orte mit besonderer Bedeutung, etwa die Zuflucht von St. Antias oder die Schlachtflotte Antias, wo die Spieler heilen und Gegenstände kaufen können. Andererseits wird man oft dazu aufgefordert, Gefahrenkarten zu ziehen und sogenannte Begegnungen zu durchleben. Gefahrenkarten gibt es in drei Farben – passend zu den drei Eigenschaften der Charaktere (Stärke, Wille, Scharfsinn) –, die sich auch thematisch etwas unterscheiden. Rote Gefahrenkarten, zu denen Gegner, Ereignisse, Begegnungen oder Vorteile zählen können, drehen sich vor allem um Orks, blaue um Tyraniden und gelbe um Eldar.
Während Ereignisse und Begegnungen oft Eigenschaftsproben verlangen, die durch das Werfen eines 6-seitigen Würfels und dem Addieren des passenden Eigenschaftswerts abgehandelt werden, müssen Gegner im Gefecht bezwungen werden. Sowohl für Eigenschaftsproben als auch Gefechtswürfe gibt es hilfreiche Ausrüstung, die Boni verleiht. Zudem kann man Kraftkarten einsetzen, die entweder einen Effekt oder ein fixes Würfelergebnis bieten. Besiegte Gegner werden zu Trophäen, die man gegen Stufen eintauschen kann, die den Charakter verstärken (man kennt diese Art von Levelaufstieg vom Rollenspiel). Außerdem bieten bezwungene Feinde Einfluss, für den man Ausrüstung kaufen kann, und andere Belohnungen.
Doch die Reisen durch die Äußere und Mittlere Sphäre verlaufen nicht völlig willkürlich. Jeder Spieler hat stattdessen immer eine Mission, die es zu erfüllen gibt. Manchmal muss man auf das Feld eines Mitspielers gelangen, manchmal eine bestimmte Monsterart besiegen, usw. Hat man drei Mission geschafft, kann man diese gegen eine Reliquie eintauschen, die – so wie die „Talisman“-Karte bei „Talisman“ – den Schlüssel zur Inneren Sphäre darstellt. Hat ein Charakter also eine Reliquie und genug Macht angesammelt, so kann er es wagen, in die Innere Region des Spielfeldes vorzustoßen. Dort warten besonders große Herausforderungen auf ihn, zudem kann er sich jeweils nur ein Feld pro Runde bewegen, während er sich langsam aufs Spielziel und womöglich den Sieg zukämpft.
Fazit: Zum 30-jährigen Geburtstag von „Talisman“ wird mit „Relic“ eine hübsche Alternative auf den Markt gebracht. Der Spielmechanismus ist etwas komplexer als das Grundspiel von „Talisman“, denn es gibt 3 statt 2 Eigenschaften, es sind die Missionen dazugekommen und variable Szenarios ersetzen das festgelegte Endgame. Außerdem hemmt Verderbnis – ein typisches „Warhammer 40.000“-Element – in Kartenform die Charaktere. Dafür wurden auf die Gesinnungen und Spieler-gegen-Spieler-Kämpfe verzichtet (schließlich dienen wir alle dem Imperator). Ansonsten ist vieles praktisch identisch, nur die Bezeichnungen unterscheiden sich. Somit richtet sich „Relic“ weniger an „Talisman“-Spieler, als an „Warhammer 40.000“-Fans beziehungsweise an Freunde von Science-Fiction-Spielen, die hier einen schönen Vertreter der „rollenspielähnlichen“ Brettspiele erhalten, in denen Herumreisen, Abenteuer erleben, Aufsteigen und Endgegner bezwingen gefragt ist.
Relic
Brettspiel für 2 bis 4 Spieler
John Goodenough, Robert Harris („Talisman“)
Fantasy Flight Games/Heidelberger Spieleverlag 2013
EAN: 4015566012868
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 39,95
bei amazon.de bestellen
von Frank Stein
Genau wie „Talisman“ ist „Relic“ ein Abenteuerspiel – statt für 2 bis 6 nur für 2 bis 4 Spieler – und verbindet Rollenspiel- und Brettspiel-Elemente. Die Spieler führen einen von 10 Charakteren, vom brachialen Captain der Ultramarines bis hin zum gewieften Freihändler, die allesamt spezielle Vor- und Nachteile aufweisen. Um eines der fünf Szenarien zu gewinnen, die durch je eine Szenariokarte in der Mitte des Spielbretts beschrieben werden, reisen sie durchs düstere Universum von „Warhammer 40.000“ (genauer: den Antian-Sektor), bekämpfen Xenos, erforschen Orte des Chaos und sammeln dabei Ausrüstung, Begleiter und Erfahrung, die sie immer stärker machen – denn nur wer gut gerüstet ist, vermag die ultimative Herausforderung zu meistern.
Die Aufmachung
„Relic“ kommt im hübschen Standard-Format-Spielkarton daher, dessen Cover einen kampfbereiten Space Marine zeigt. Bereits hier wird zwischen düsterem Grau-Braun und kränklich wirkenden Spektralfarben der Tonfall des Spiels farblich gesetzt. Auch das große Spielbrett, das unter anderem die Fabrikwelt Telios V, die Makropolwelt Vaulgast, die Verheerten Regionen und den Zwielichtrand zeigt, passt dazu. Das Artwork ist düster und brachial, die Farben ein Kaleidoskop des Chaos. Leider sind viele Felder recht kontrastarm, sodass man die tollen Motive nicht so gut erkennen kann, wie es wohl möglich gewesen wäre. Außerdem verlaufen Risse an den Stellen durch die Bilder, wo die Karte gefaltet wird (und, nein, das ist nicht bei allen Brettspielen so).
Auch die Illustrationen auf den zahllosen Spielkarten sind teilweise von phänomenaler Qualität. Eine Schande, dass sie meist nur Briefmarkengröße haben und daher nicht sehr gut erkennbar sind (diese Miniatur-Spielkarten von 4*6,5 cm, die sich FFG vor Jahren mal angewöhnt hat, um bei ihren materiallastigen Produkten Papier zu sparen, sind irgendwie eine Unart und nichts für Leute mit Sehschwäche). Sehr übersichtlich ist dagegen das Regelwerk ausgefallen, dass bis auf zwei, drei Kleinigkeiten gut ins Spiel einführt und auch alle Fragen beantwortet.
Etwas gemischt sind die zehn Büsten der Charaktere zu bewerten. Während der Guss echt gut und sehr detailreich ist, passen die vier farbigen Ständer, die man darunter steckt, leider gar nicht. Man muss sehr viel Gewalt einsetzen, um sie zu befestigen – und selbst dann fallen Ständer und Figur manchmal noch auseinander. Unterm Strich mag hier einiges eher kritisch klingen, tatsächlich stört man sich während des Spiels allerdings kaum an diesen Dingen. Alles in allem ist das Spielmaterial durchaus sehr hübsch zu nennen.
Das Spiel
„Relic“ ist für 2 bis 4 Spieler ausgelegt. Spielziel ist es, als erster Spieler das jeweilige Szenarioziel in der Mitte des Spielbretts zu erreichen und zu erfüllen. Dazu reisen die Charaktere der Spieler in den drei ringförmig angeordneten und über Spezialfelder verbundenen Sphären umher, der Äußeren, Mittleren und Inneren Sphäre, wobei mit jeder Sphäre der Schwierigkeitsgrad der Herausforderungen zunimmt.
Ein Spieler, der am Zug ist, würfelt zunächst seine Bewegung aus und begibt sich dann gemäß der erwürfelten Augenzahl auf ein Feld zur Linken oder zur Rechten. Was er dort erlebt, wird durch den Spieltext beziehungsweise die Farbsiegel des Feldes bestimmt. Einerseits existieren Orte mit besonderer Bedeutung, etwa die Zuflucht von St. Antias oder die Schlachtflotte Antias, wo die Spieler heilen und Gegenstände kaufen können. Andererseits wird man oft dazu aufgefordert, Gefahrenkarten zu ziehen und sogenannte Begegnungen zu durchleben. Gefahrenkarten gibt es in drei Farben – passend zu den drei Eigenschaften der Charaktere (Stärke, Wille, Scharfsinn) –, die sich auch thematisch etwas unterscheiden. Rote Gefahrenkarten, zu denen Gegner, Ereignisse, Begegnungen oder Vorteile zählen können, drehen sich vor allem um Orks, blaue um Tyraniden und gelbe um Eldar.
Während Ereignisse und Begegnungen oft Eigenschaftsproben verlangen, die durch das Werfen eines 6-seitigen Würfels und dem Addieren des passenden Eigenschaftswerts abgehandelt werden, müssen Gegner im Gefecht bezwungen werden. Sowohl für Eigenschaftsproben als auch Gefechtswürfe gibt es hilfreiche Ausrüstung, die Boni verleiht. Zudem kann man Kraftkarten einsetzen, die entweder einen Effekt oder ein fixes Würfelergebnis bieten. Besiegte Gegner werden zu Trophäen, die man gegen Stufen eintauschen kann, die den Charakter verstärken (man kennt diese Art von Levelaufstieg vom Rollenspiel). Außerdem bieten bezwungene Feinde Einfluss, für den man Ausrüstung kaufen kann, und andere Belohnungen.
Doch die Reisen durch die Äußere und Mittlere Sphäre verlaufen nicht völlig willkürlich. Jeder Spieler hat stattdessen immer eine Mission, die es zu erfüllen gibt. Manchmal muss man auf das Feld eines Mitspielers gelangen, manchmal eine bestimmte Monsterart besiegen, usw. Hat man drei Mission geschafft, kann man diese gegen eine Reliquie eintauschen, die – so wie die „Talisman“-Karte bei „Talisman“ – den Schlüssel zur Inneren Sphäre darstellt. Hat ein Charakter also eine Reliquie und genug Macht angesammelt, so kann er es wagen, in die Innere Region des Spielfeldes vorzustoßen. Dort warten besonders große Herausforderungen auf ihn, zudem kann er sich jeweils nur ein Feld pro Runde bewegen, während er sich langsam aufs Spielziel und womöglich den Sieg zukämpft.
Fazit: Zum 30-jährigen Geburtstag von „Talisman“ wird mit „Relic“ eine hübsche Alternative auf den Markt gebracht. Der Spielmechanismus ist etwas komplexer als das Grundspiel von „Talisman“, denn es gibt 3 statt 2 Eigenschaften, es sind die Missionen dazugekommen und variable Szenarios ersetzen das festgelegte Endgame. Außerdem hemmt Verderbnis – ein typisches „Warhammer 40.000“-Element – in Kartenform die Charaktere. Dafür wurden auf die Gesinnungen und Spieler-gegen-Spieler-Kämpfe verzichtet (schließlich dienen wir alle dem Imperator). Ansonsten ist vieles praktisch identisch, nur die Bezeichnungen unterscheiden sich. Somit richtet sich „Relic“ weniger an „Talisman“-Spieler, als an „Warhammer 40.000“-Fans beziehungsweise an Freunde von Science-Fiction-Spielen, die hier einen schönen Vertreter der „rollenspielähnlichen“ Brettspiele erhalten, in denen Herumreisen, Abenteuer erleben, Aufsteigen und Endgegner bezwingen gefragt ist.
Relic
Brettspiel für 2 bis 4 Spieler
John Goodenough, Robert Harris („Talisman“)
Fantasy Flight Games/Heidelberger Spieleverlag 2013
EAN: 4015566012868
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 39,95
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Montag, 27. Mai 2013
Star Trek Archive – 40 Jahre Sci-Fi-Kult
2011, bezeichnenderweise zum 45-jährigen Jubiläum von „Star Trek“, erschien von Scott Tipton für Fans ein kleiner (oder eigentlich gar nicht so kleiner) Schatz in Buchform: „Star Trek Vault: 40 Years from the Archives“ hieß das Werk, das einen unterhaltsamen Blick zurück warf und diesen mit reichlich Fotomaterial und Gimmicks garnierte. Nun ist das Buch im Zuge von „Star Trek: Into Darkness“ auch auf Deutsch erschienen.
von Frank Stein
Im Gegensatz zum amerikanischen Original, das „nur“ als Hardcover mit Schutzumschlag daherkam, spendiert Panini Books der deutsche Ausgabe sogar einen schicken Pappschuber, in dem das großformatige (ca. 30x30 cm) Hardcoverbuch steckt. Kräftiger Spotlack verziert sowohl Schuber als auch Buch und macht das Werk schon auf den ersten Blick zu einem Objekt der Fanbegierde. Auch innen weiß das Buch zu gefallen: Festes Papier, Fadenbindung, Vollfarbe mit über 300 Abbildungen sowie 14 herausnehmbare Erinnerungsstücke – Nachdrucke aus den offiziellen Archiven – zeugen davon, dass die Macher hier wirklich ein hochwertiges Produkt herausbringen wollten.
Diese Gimmicks umfassen beispielsweise ein altes „Star Trek“-Malbüchlein zur Originalserie, ein Enterprise-Bügelbild, seltene Sammelkarten, eine Blaupause von Picards Kommandosessel, Aufkleber zu „Star Trek – Der Film“ von 1979 und mehr. Natürlich handelt es sich dabei unterm Strich bloß um witziges Beiwerk, aber es macht Spaß, sich die Objekte anzuschauen und über einiges zu schmunzeln, was damals so auf dem Markt war (ich sage nur: der „Spock Lives“-Wimpel zu „Der Zorn des Khan“).
Inhaltlich geht Autor Scott Tipton chronologisch vor. Das 128 Seiten umfassende Buch ist in acht Kapitel unterteilt, die sich der Originalserie, der Zeichentrickserie, den sechs klassischen Kinofilmen, der nächsten Generation, den vier „TNG“-Kinofilmen, „Deep Space Nine“, „Voyager“ und zum Abschluss „Star Trek: Enterprise“ widmen. Das Abramsverse bleibt hier völlig außen vor, auch wenn auf dem Rückseitentext des Schubers natürlich auf zwölf Filme hingewiesen wird. Ebenso außen vor bleibt das erweiterte Universum der Comics, Romane und Computerspiele. „Star Trek Archive – 40 Jahre Sci-Fi-Kult“ ist eine reine Produktions- und Rezeptionsgeschichte, mit ausgewählten Schlenkern in den Bereich der Merchandising-Produkte (hier vor allem Spielzeug und Tinnef, der einen gewissen Kuriositätenwert hat).
Tiptons Text ist für das, was das Buch sein will – ein allgemeiner und hübsch aufgemachter Überblick –, genau richtig dosiert. In durchaus launigem Tonfall erzählt der Autor die Geschichte von 40 Jahren „Star Trek“, wobei alle wichtigen Fakten und Anekdoten vorhanden sind (etwa, dass das „Star Trek“-Fandom damals dafür sorgte, dass das erste Space Shuttle „Enterprise“ statt „Constitution“ genannt wurde, oder dass Martin Luther King persönlich die zweifelnde Nichelle Nichols davon überzeugte, ihre Rolle als Uhura weiterzuspielen). Erfreulicherweise nimmt Tipton bei seinem Rückblick auch kein Blatt vor den Mund. So herrscht zwar über weite Strecken ein Tonfall vor, der seine Liebe zum Franchise klar erkennen lässt. Aber er benennt auch Probleme, Fehlentscheidungen und die Kämpfe, die „Star Trek“ in seiner wechselhaften Geschichte auszufechten hatte.
Natürlich hat das Buch seine Lücken. 40 Jahre, zehn Filme und sechs Serien können nicht auf 128 Seiten im Detail abgehandelt werden. Eingefleischten Fans wird zudem das meiste, was man zu lesen bekommt, mehr oder weniger bekannt sein. Für Leute, die es ganz genau wissen wollen, gibt es jedoch andere Werke. „Star Trek Archive – 40 Jahre Sci-Fi-Kult“ möchte eine unterhaltsame Zusammenfassung sein, voller Erinnerungen und auch Zitate der Filmemacher, mit schlaglichtartigen Ausflügen in die Welt der kuriosen Begleitprodukte (ich sage nur: Marshmallow-Dispenser) und mit vielen Bildern garniert, die Lust machen, das „Star Trek“-Universum zu entdecken. Und genau das, Lust auf das „Star Trek“-Universum zu wecken, gelingt dem Buch ganz hervorragend.
Fazit: „Star Trek Archive – 40 Jahre Sci-Fi-Kult“ überzeugt sowohl von der Aufmachung als auch vom Inhalt her. Wer einmal unterhaltsam und ohne unnötigen Detailballast in die wechselhafte Geschichte von „Star Trek“ eingeführt werden möchte, findet in diesem Werk eine wundervolle Möglichkeit. Der überblicksartige Text ist kurzweilig zu lesen, die zahlreichen Bilder und das gute Dutzend herausnehmbarer Gimmicks erwecken das Franchise zum Leben. Gerade für neue Fans, die das „Star Trek“ auch jenseits des Abramsverse kennenlernen möchten, eine absolute Kaufempfehlung!
Star Trek Archive – 40 Jahre Sci-Fi-Kult
Sachbuch
Scott Tipton
Panini Books 2013
ISBN: 978-3-8332-26955-7
128 S., Hardcover im Schuber, deutsch
Preis: EUR 49,95
bei amazon.de bestellen
von Frank Stein
Im Gegensatz zum amerikanischen Original, das „nur“ als Hardcover mit Schutzumschlag daherkam, spendiert Panini Books der deutsche Ausgabe sogar einen schicken Pappschuber, in dem das großformatige (ca. 30x30 cm) Hardcoverbuch steckt. Kräftiger Spotlack verziert sowohl Schuber als auch Buch und macht das Werk schon auf den ersten Blick zu einem Objekt der Fanbegierde. Auch innen weiß das Buch zu gefallen: Festes Papier, Fadenbindung, Vollfarbe mit über 300 Abbildungen sowie 14 herausnehmbare Erinnerungsstücke – Nachdrucke aus den offiziellen Archiven – zeugen davon, dass die Macher hier wirklich ein hochwertiges Produkt herausbringen wollten.
Diese Gimmicks umfassen beispielsweise ein altes „Star Trek“-Malbüchlein zur Originalserie, ein Enterprise-Bügelbild, seltene Sammelkarten, eine Blaupause von Picards Kommandosessel, Aufkleber zu „Star Trek – Der Film“ von 1979 und mehr. Natürlich handelt es sich dabei unterm Strich bloß um witziges Beiwerk, aber es macht Spaß, sich die Objekte anzuschauen und über einiges zu schmunzeln, was damals so auf dem Markt war (ich sage nur: der „Spock Lives“-Wimpel zu „Der Zorn des Khan“).
Inhaltlich geht Autor Scott Tipton chronologisch vor. Das 128 Seiten umfassende Buch ist in acht Kapitel unterteilt, die sich der Originalserie, der Zeichentrickserie, den sechs klassischen Kinofilmen, der nächsten Generation, den vier „TNG“-Kinofilmen, „Deep Space Nine“, „Voyager“ und zum Abschluss „Star Trek: Enterprise“ widmen. Das Abramsverse bleibt hier völlig außen vor, auch wenn auf dem Rückseitentext des Schubers natürlich auf zwölf Filme hingewiesen wird. Ebenso außen vor bleibt das erweiterte Universum der Comics, Romane und Computerspiele. „Star Trek Archive – 40 Jahre Sci-Fi-Kult“ ist eine reine Produktions- und Rezeptionsgeschichte, mit ausgewählten Schlenkern in den Bereich der Merchandising-Produkte (hier vor allem Spielzeug und Tinnef, der einen gewissen Kuriositätenwert hat).
Tiptons Text ist für das, was das Buch sein will – ein allgemeiner und hübsch aufgemachter Überblick –, genau richtig dosiert. In durchaus launigem Tonfall erzählt der Autor die Geschichte von 40 Jahren „Star Trek“, wobei alle wichtigen Fakten und Anekdoten vorhanden sind (etwa, dass das „Star Trek“-Fandom damals dafür sorgte, dass das erste Space Shuttle „Enterprise“ statt „Constitution“ genannt wurde, oder dass Martin Luther King persönlich die zweifelnde Nichelle Nichols davon überzeugte, ihre Rolle als Uhura weiterzuspielen). Erfreulicherweise nimmt Tipton bei seinem Rückblick auch kein Blatt vor den Mund. So herrscht zwar über weite Strecken ein Tonfall vor, der seine Liebe zum Franchise klar erkennen lässt. Aber er benennt auch Probleme, Fehlentscheidungen und die Kämpfe, die „Star Trek“ in seiner wechselhaften Geschichte auszufechten hatte.
Natürlich hat das Buch seine Lücken. 40 Jahre, zehn Filme und sechs Serien können nicht auf 128 Seiten im Detail abgehandelt werden. Eingefleischten Fans wird zudem das meiste, was man zu lesen bekommt, mehr oder weniger bekannt sein. Für Leute, die es ganz genau wissen wollen, gibt es jedoch andere Werke. „Star Trek Archive – 40 Jahre Sci-Fi-Kult“ möchte eine unterhaltsame Zusammenfassung sein, voller Erinnerungen und auch Zitate der Filmemacher, mit schlaglichtartigen Ausflügen in die Welt der kuriosen Begleitprodukte (ich sage nur: Marshmallow-Dispenser) und mit vielen Bildern garniert, die Lust machen, das „Star Trek“-Universum zu entdecken. Und genau das, Lust auf das „Star Trek“-Universum zu wecken, gelingt dem Buch ganz hervorragend.
Fazit: „Star Trek Archive – 40 Jahre Sci-Fi-Kult“ überzeugt sowohl von der Aufmachung als auch vom Inhalt her. Wer einmal unterhaltsam und ohne unnötigen Detailballast in die wechselhafte Geschichte von „Star Trek“ eingeführt werden möchte, findet in diesem Werk eine wundervolle Möglichkeit. Der überblicksartige Text ist kurzweilig zu lesen, die zahlreichen Bilder und das gute Dutzend herausnehmbarer Gimmicks erwecken das Franchise zum Leben. Gerade für neue Fans, die das „Star Trek“ auch jenseits des Abramsverse kennenlernen möchten, eine absolute Kaufempfehlung!
Star Trek Archive – 40 Jahre Sci-Fi-Kult
Sachbuch
Scott Tipton
Panini Books 2013
ISBN: 978-3-8332-26955-7
128 S., Hardcover im Schuber, deutsch
Preis: EUR 49,95
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Mittwoch, 5. Dezember 2012
Eminent Domain
Auf zu neuen Welten! Das ist das Motto von „Eminent Domain“, einem Kartenspiel im derzeit beliebten Deckbau-Format. Zwei bis vier Spieler wetteifern darum, möglichst viel Einfluss in der Galaxis zu gewinnen. Welten werden kolonisiert und erobert, Rohstoffe abgebaut und gehandelt und Forschung bringt neue Technologien. Doch egal, welche Strategie gewählt wird, am Ende zählt nur eine Frage: Wer wird den meisten Einfluss erringen und zum Herrscher übers All ausgerufen?
von Frank Stein
Das Spiel kommt in einer hübschen 19x27x8 cm Box daher, die allerdings etwa zur Hälfte leer ist. Sie hätte also durchaus noch kompakter ausfallen können. Das Spielmaterial besteht aus einer zentralen Kartenauslage, 96 Aktions/Rollenkarten, 42 Planetenkarten, 39 Technologiekarten, 35 Plastikraumschiffen (in drei Größen, was aber fürs Spiel keine Bedeutung hat), 24 Rohstoff-Holzklötzchen, 4 Spielerhilfen und 32 Einflussplättchen. Das gesamte Spielmaterial ist sehr ordentlich in Optik und Verarbeitung, auch wenn es eher den Eindruck eines klassischen Kartenspiels vermittelt, als die Deckbau-Kollegen „Thunderstone“ oder „Nightfall“.
Dieser Eindruck bestätigt sich auch beim Spielen. „Eminent Domain“ erzählt nicht jedes Mal ein neues Abenteuer, sondern fühlt sich eigentlich bei jeder Partie gleich an. Man besiedelt halt Planeten, beutet sie aus und treibt Forschung. Dabei ist die Kartenauswahl aus fünf verschiedenen Aktions/Rollenkarten plus einigen später erworbenen Technologiekarten überschaubar. Fluff-Texte gibt es auch nicht. Hier liegt der Schwerpunkt ganz deutlich auf dem Entwickeln der besten Strategie, um aus dem begrenzten Material, das einem zur Verfügung steht, das Beste zu machen.
Zu Beginn des Spiels bekommt jeder Spieler verdeckt einen Startplaneten zugewiesen und außerdem zehn Karten aus dem Fundus der Aktions/Rollenkarten, von denen er fünf auf die Hand zieht. Eine Runde sieht immer gleich aus: Man spielt eine Karte als Aktion (etwa „Angreifen“, um ein Schiff zu kaufen, oder „Erkunden“, um zwei Karten zu ziehen), danach zieht man eine Karten aus der zentralen Auslage, auf der die fünf verschiedenen Kartentypen Produzieren/Handeln, Forschen, Besiedeln, Angreifen und Erkunden liegen. In dieser Rollenphase (keine Ahnung, warum das überhaupt „Rolle“ heißt – Erkunden, Angreifen, Besiedeln sind Handlungen, keine Berufe oder Titel) kann man meist den Aktionseffekt erneut ausführen, allerdings verstärkt um gleichartige Karten, die man von der Hand dazu spielt. So kann man mit vier Mal „Angreifen“ etwa vier Schiffe am Stück gewinnen oder mit drei Mal „Erkunden“ drei neue Planeten vom Planetenstapel ziehen, anschauen und dann einen zum Besiedeln in den eigenen Spielbereich legen. Als weitere Besonderheit dürfen auch alle Mitspieler diese Handlung durchführen, sie bekommen allerdings im Vergleich zum aktiven Spieler einen kleinen Nachteil.
Schließlich kann man Karten abwerfen, die Hand wird auf fünf Karten aufgefüllt und der nächste Spieler ist am Zug. Ist der Zugstapel leer, wird der Ablagestapel gemischt und ein neuer Zugstapel gebildet. Durch die Rollenphase wird im Laufe des Spiels das eigene Deck dabei immer umfangreicher, was einerseits mehr Möglichkeiten bietet, aber auch die Hand mit unnötigen Karten füllen kann, sodass man gut beraten ist, zwischendurch Karten aus dem Spiel zu nehmen, wenn sie für die eigene Strategie nur noch eine geringe Rolle spielen. Das typische Dilemma bei einem Deckbauspiel eben.
Fertig besiedelte Planeten, produzierte und gehandelte Rohstoffe sowie hochwertige Technologien erzeugen Einfluss, und am Ende des Spiels (wenn entweder alle Einflussplättchen oder – je nach Spielerzahl – ein bis zwei Stapel der Aktions/Rollenkarten aufgebraucht sind) gewinnt derjenige, der den meisten davon hat. Gegen das Gewinnen von Einfluss können Gegner nur wenig ausrichten. „Eminent Domain“ ist durchaus ein kompetitives Spiel, allerdings kein interaktives. Zwar kann man durch gezielte Kartenaktionen den Gegner ein wenig behindern, aber im Grunde fliegt jeder in seinem eigenen Quadranten des Alls herum. Es ist wichtiger, seine eigene Strategie gut zu durchdenken, statt die der anderen Spieler zu stören.
Fazit: „Eminent Domain“ ist ein nettes, kleines Deckbau-Spiel, das allerdings seinen Fokus nicht auf ein vielfältiges und ständig erweitertes Spielerleben legt, wie etwa „Thunderstone“, sondern einem stattdessen bei jeder Partie die gleiche klare Aufgabe stellt, die es möglichst gut zu bewältigen gilt. Interaktion zwischen den Spielern gibt es praktisch keine, Downtime aufgrund des enorm flotten Spielmechanismus und der Rollenphase aber auch nicht. Für Abenteuerspieler ist das Spiel weniger geeignet; dafür ist es zu „trocken“ und gleichförmig im Spielerleben. Strategen hingegen erfreuen sich daran, dass man wirklich von Partie zu Partie das eigene Spiel optimieren kann.
Eminent Domain
Kartenspiel für 2 bis 4 Spieler
Seth Jaffee
Pegasus Spiele 2012
ISBN: 4250231704079
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 29,95
bei amazon.de bestellen
von Frank Stein
Das Spiel kommt in einer hübschen 19x27x8 cm Box daher, die allerdings etwa zur Hälfte leer ist. Sie hätte also durchaus noch kompakter ausfallen können. Das Spielmaterial besteht aus einer zentralen Kartenauslage, 96 Aktions/Rollenkarten, 42 Planetenkarten, 39 Technologiekarten, 35 Plastikraumschiffen (in drei Größen, was aber fürs Spiel keine Bedeutung hat), 24 Rohstoff-Holzklötzchen, 4 Spielerhilfen und 32 Einflussplättchen. Das gesamte Spielmaterial ist sehr ordentlich in Optik und Verarbeitung, auch wenn es eher den Eindruck eines klassischen Kartenspiels vermittelt, als die Deckbau-Kollegen „Thunderstone“ oder „Nightfall“.
Dieser Eindruck bestätigt sich auch beim Spielen. „Eminent Domain“ erzählt nicht jedes Mal ein neues Abenteuer, sondern fühlt sich eigentlich bei jeder Partie gleich an. Man besiedelt halt Planeten, beutet sie aus und treibt Forschung. Dabei ist die Kartenauswahl aus fünf verschiedenen Aktions/Rollenkarten plus einigen später erworbenen Technologiekarten überschaubar. Fluff-Texte gibt es auch nicht. Hier liegt der Schwerpunkt ganz deutlich auf dem Entwickeln der besten Strategie, um aus dem begrenzten Material, das einem zur Verfügung steht, das Beste zu machen.
Zu Beginn des Spiels bekommt jeder Spieler verdeckt einen Startplaneten zugewiesen und außerdem zehn Karten aus dem Fundus der Aktions/Rollenkarten, von denen er fünf auf die Hand zieht. Eine Runde sieht immer gleich aus: Man spielt eine Karte als Aktion (etwa „Angreifen“, um ein Schiff zu kaufen, oder „Erkunden“, um zwei Karten zu ziehen), danach zieht man eine Karten aus der zentralen Auslage, auf der die fünf verschiedenen Kartentypen Produzieren/Handeln, Forschen, Besiedeln, Angreifen und Erkunden liegen. In dieser Rollenphase (keine Ahnung, warum das überhaupt „Rolle“ heißt – Erkunden, Angreifen, Besiedeln sind Handlungen, keine Berufe oder Titel) kann man meist den Aktionseffekt erneut ausführen, allerdings verstärkt um gleichartige Karten, die man von der Hand dazu spielt. So kann man mit vier Mal „Angreifen“ etwa vier Schiffe am Stück gewinnen oder mit drei Mal „Erkunden“ drei neue Planeten vom Planetenstapel ziehen, anschauen und dann einen zum Besiedeln in den eigenen Spielbereich legen. Als weitere Besonderheit dürfen auch alle Mitspieler diese Handlung durchführen, sie bekommen allerdings im Vergleich zum aktiven Spieler einen kleinen Nachteil.
Schließlich kann man Karten abwerfen, die Hand wird auf fünf Karten aufgefüllt und der nächste Spieler ist am Zug. Ist der Zugstapel leer, wird der Ablagestapel gemischt und ein neuer Zugstapel gebildet. Durch die Rollenphase wird im Laufe des Spiels das eigene Deck dabei immer umfangreicher, was einerseits mehr Möglichkeiten bietet, aber auch die Hand mit unnötigen Karten füllen kann, sodass man gut beraten ist, zwischendurch Karten aus dem Spiel zu nehmen, wenn sie für die eigene Strategie nur noch eine geringe Rolle spielen. Das typische Dilemma bei einem Deckbauspiel eben.
Fertig besiedelte Planeten, produzierte und gehandelte Rohstoffe sowie hochwertige Technologien erzeugen Einfluss, und am Ende des Spiels (wenn entweder alle Einflussplättchen oder – je nach Spielerzahl – ein bis zwei Stapel der Aktions/Rollenkarten aufgebraucht sind) gewinnt derjenige, der den meisten davon hat. Gegen das Gewinnen von Einfluss können Gegner nur wenig ausrichten. „Eminent Domain“ ist durchaus ein kompetitives Spiel, allerdings kein interaktives. Zwar kann man durch gezielte Kartenaktionen den Gegner ein wenig behindern, aber im Grunde fliegt jeder in seinem eigenen Quadranten des Alls herum. Es ist wichtiger, seine eigene Strategie gut zu durchdenken, statt die der anderen Spieler zu stören.
Fazit: „Eminent Domain“ ist ein nettes, kleines Deckbau-Spiel, das allerdings seinen Fokus nicht auf ein vielfältiges und ständig erweitertes Spielerleben legt, wie etwa „Thunderstone“, sondern einem stattdessen bei jeder Partie die gleiche klare Aufgabe stellt, die es möglichst gut zu bewältigen gilt. Interaktion zwischen den Spielern gibt es praktisch keine, Downtime aufgrund des enorm flotten Spielmechanismus und der Rollenphase aber auch nicht. Für Abenteuerspieler ist das Spiel weniger geeignet; dafür ist es zu „trocken“ und gleichförmig im Spielerleben. Strategen hingegen erfreuen sich daran, dass man wirklich von Partie zu Partie das eigene Spiel optimieren kann.
Eminent Domain
Kartenspiel für 2 bis 4 Spieler
Seth Jaffee
Pegasus Spiele 2012
ISBN: 4250231704079
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 29,95
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Donnerstag, 27. September 2012
Prador Mond
Das Polis-Kollektiv verkörpert den Gipfel der raumfahrenden Menschheit. Geprägt durch die Wissenschaft, reicht sein Einfluss von Earth Central bis in die Tiefen der Galaxis. Doch eines Tages trifft die Polis auf außerirdisches Leben in Gestalt feindseliger, krabbenähnlicher Karnivoren, die als Prador bekannt werden. Und die wollen von den Menschen nur das eine: ihr saftiges Fleisch!
von Frank Stein
Das Ganze beginnt als scheinbar harmloser, diplomatischer Erstkontakt. Nachdem man schon vor einer ganzen Weile das Zweite Königreich der Prador – eine Verballhornung von „Predator“, der Name wird den Fremden natürlich von der Menschheit gegeben – entdeckt hat, soll nun auf der Station Avalon ein erster Dialog stattfinden. Der lautet dann ungefähr so: Pradorsprecher: „Ich nehme zwei Lendchen, ein Hüftsteak und etwas Brust – von eurem Chefdiplomaten.“ Chefdiplomat: „Oh! Ah! Argl!“ Danach herrscht Krieg zwischen den beiden Völkern.
Mitten drin befinden sich insgesamt fünf Gestalten: der Agent der Earth Central Security Jebel Krong, der zum Kriegsheld werden soll, Moria, die Runcibletechnikerin mit der experimentellen Mensch-Computer-Schnittstelle (Runcibles sind so etwas wie Stargates, nur in groß und von den KI gesteuert, die auch die Polis regieren), Tomalon, der einen neuen Job als vernetzter Pilot des größten Schlachtschiffs der Polis antritt, Conlan, ein Psychpath und Separatist, der die KI hasst und den Prador helfen will, und schließlich Immanenz, ein erwachsener Prador, der sozusagen die Speerspitze der Angriffsflotte darstellt und von sich selbst seltsamerweise auch als Prador denkt. Ihrem Schicksal folgen wir, während sich der Krieg entwickelt und zu einem zeitweiligen Höhepunkt gelangt.
„Prador Mond“ ist dramaturgisch ein etwas seltsames Buch. Es hat 285 Seiten, wovon gute 100 Seiten praktisch die erste Konfrontation der Prador mit den Menschen an der Station Avalon beschreiben. Danach folgen zwei, drei Szenen Mittelteil, die schlaglichtartig vom Krieg erzählen, deren zeitliche und räumliche Einordnung aber nicht immer ganz klar ist. Ab Seite 120 etwa wird dann schon die finale Konfronation eingeleitet, die ab Seite 180 zunehmend Fahrt aufnimmt. Das Ganze gipfelt im Kampf um das Trajeen- und das Boh-Runcible. Danach ist der Roman vorbei. Eine Schlacht ist geschlagen. Über den Verlauf und das Ende des Krieges wird kein Wort verloren. Auch ist nicht klar, ob das Buch als erster Band einer Reihe gedacht ist, die vom Krieg der Prador gegen die Menschen erzählt, oder nicht. Angedeutet wird eine Fortsetzung jedenfalls nicht.
So haben wir es hier mit einem Roman zu tun, der von einem galaktischen Krieg zu erzählen versucht, ohne die nötige epische Breite zu besitzen, um solch ein Schlachtenpanorama zu entfalten – das ist auf 285 Seiten auch gar nicht möglich. Doch er wählt auch nicht den Ansatz der intensiv persönlichen Kriegserfahrung, bei der wir dem Schicksal eines traurigen Helden folgen. Stattdessen gibt es fünf Handlungsstränge, die dem Leser wenig Zeit lassen, den Figuren nahe zu kommen – zumal Asher immer wieder Szenen mit Komparsen einschiebt, die den Figuren von außen begegnen. Mehr als grob gezeichnete Charaktere entstehen dabei nicht. Wenn also das epische Schlachtengemälde und das persönliche Kriegsdrama beide fehlen, könnte im Grunde nur die spannende Entwicklung einer Entscheidungsschlacht oder eines dramatischen Einsatzes das Thema sein. Doch durch die ausgedehnte Anfangssequenz, den zerfaserten Mittelteil und das zugegeben dichte, wenn auch willkürlich gewählte Ende, versagt der Roman auch darin.
Doch wenngleich die Geschichte als Ganzes irgendwie fragmentarisch wirkt, so als würde die Hälfte fehlen, entwickelt sie in den eigentlichen Szenen durchaus ihre Bannwirkung. Natürlich lässt sich nicht verhehlen, dass Asher sich hier vor allem mit Schockwerten über Wasser hält. Seine Prador-Krabben sind einfach eklige Sadisten. Ihre von Mord und Heimtücke geprägte Gesellschaftsform lässt einen fragen, wie sie es überhaupt zu den Sternen geschafft haben. Die Menschen sind für sie einfach Sklaven und Futter – und bieten ihnen hübsche neue Planeten zum Besiedeln. Es handelt sich um Monster in Reinkultur, und Asher wird nicht müde, Horror-Szenen von Zerfleischung, Fressen und Gefressenwerden zu beschreiben, die selbst den Film „Starship Troopers“ wie Ringelpiez mit Anfassen erscheinen lassen. Keine Frage, dass man mit der gequälten Menschheit zittert und sich über jeden noch so kleinen Sieg freut. Auch in den Actionsequenzen geht er schön nah dran und lässt uns als embedded author Dreck, Granatensplitter und Eingeweide um die Ohren fliegen.
Grundsätzlich spannend ist das Konzept einer Menschheit, die von den KI beherrscht wird. Das hat Asher allerdings nicht für „Prador Mond“ entwickelt, sondern für „Der Drache von Samarkand“, den Beginn eines – wie es in seiner Vita heißt – „lockeren Romanzyklus um die ECS-Agenten in einem Universum, das mit düsteren Farben gezeichnet ist.“ Wie viele dieser Bände vor „Prador Mond“ angesiedelt sind und inwiefern sie dazu in Beziehung stehen, wird leider nicht deutlich gemacht (was in meinen Augen gleichermaßen das Versäumnis des Autors wie auch der deutschen Verlagsredaktion ist).
Fazit: „Prador Mond“ enthält viele spannende Gedanken und Szenen und bietet technischen „sense of wonder“, gepaart mit dem Grauen einer B-Movie-Alien-Invasion übelster Sorte. Das alles macht den Roman durchaus lesenswert. Allerdings verliert er auf dramaturgischer Seite. Einer langen Exposition folgt ein Fragment von Mittelteil, bevor es gleich zum willkürlich gewählten Finale weitergeht. Die Zeitabläufe der Szenen zu rekonstruieren, habe ich lieber gar nicht versucht. Man hat das Gefühl, dass Asher viel Spaß am jeweiligen Punkt seiner Erzählung hatte, aber entweder zu wenig Zeit oder zu wenig Platz, um aus den Einzelteilen ein rundes Ganzes zu schmieden. So bleibt der Roman in meinen Augen hinter seinen Möglichkeiten zurück. Für Fans blutiger Alien-Stories zum Preis von knapp sieben Euro trotzdem zu empfehlen.
Prador Mond
Science-Fiction-Roman
Neal Asher
Bastei Lübbe 2011
ISBN: 978-3-404-23352-6
285 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 6,99
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von Frank Stein
Das Ganze beginnt als scheinbar harmloser, diplomatischer Erstkontakt. Nachdem man schon vor einer ganzen Weile das Zweite Königreich der Prador – eine Verballhornung von „Predator“, der Name wird den Fremden natürlich von der Menschheit gegeben – entdeckt hat, soll nun auf der Station Avalon ein erster Dialog stattfinden. Der lautet dann ungefähr so: Pradorsprecher: „Ich nehme zwei Lendchen, ein Hüftsteak und etwas Brust – von eurem Chefdiplomaten.“ Chefdiplomat: „Oh! Ah! Argl!“ Danach herrscht Krieg zwischen den beiden Völkern.
Mitten drin befinden sich insgesamt fünf Gestalten: der Agent der Earth Central Security Jebel Krong, der zum Kriegsheld werden soll, Moria, die Runcibletechnikerin mit der experimentellen Mensch-Computer-Schnittstelle (Runcibles sind so etwas wie Stargates, nur in groß und von den KI gesteuert, die auch die Polis regieren), Tomalon, der einen neuen Job als vernetzter Pilot des größten Schlachtschiffs der Polis antritt, Conlan, ein Psychpath und Separatist, der die KI hasst und den Prador helfen will, und schließlich Immanenz, ein erwachsener Prador, der sozusagen die Speerspitze der Angriffsflotte darstellt und von sich selbst seltsamerweise auch als Prador denkt. Ihrem Schicksal folgen wir, während sich der Krieg entwickelt und zu einem zeitweiligen Höhepunkt gelangt.
„Prador Mond“ ist dramaturgisch ein etwas seltsames Buch. Es hat 285 Seiten, wovon gute 100 Seiten praktisch die erste Konfrontation der Prador mit den Menschen an der Station Avalon beschreiben. Danach folgen zwei, drei Szenen Mittelteil, die schlaglichtartig vom Krieg erzählen, deren zeitliche und räumliche Einordnung aber nicht immer ganz klar ist. Ab Seite 120 etwa wird dann schon die finale Konfronation eingeleitet, die ab Seite 180 zunehmend Fahrt aufnimmt. Das Ganze gipfelt im Kampf um das Trajeen- und das Boh-Runcible. Danach ist der Roman vorbei. Eine Schlacht ist geschlagen. Über den Verlauf und das Ende des Krieges wird kein Wort verloren. Auch ist nicht klar, ob das Buch als erster Band einer Reihe gedacht ist, die vom Krieg der Prador gegen die Menschen erzählt, oder nicht. Angedeutet wird eine Fortsetzung jedenfalls nicht.
So haben wir es hier mit einem Roman zu tun, der von einem galaktischen Krieg zu erzählen versucht, ohne die nötige epische Breite zu besitzen, um solch ein Schlachtenpanorama zu entfalten – das ist auf 285 Seiten auch gar nicht möglich. Doch er wählt auch nicht den Ansatz der intensiv persönlichen Kriegserfahrung, bei der wir dem Schicksal eines traurigen Helden folgen. Stattdessen gibt es fünf Handlungsstränge, die dem Leser wenig Zeit lassen, den Figuren nahe zu kommen – zumal Asher immer wieder Szenen mit Komparsen einschiebt, die den Figuren von außen begegnen. Mehr als grob gezeichnete Charaktere entstehen dabei nicht. Wenn also das epische Schlachtengemälde und das persönliche Kriegsdrama beide fehlen, könnte im Grunde nur die spannende Entwicklung einer Entscheidungsschlacht oder eines dramatischen Einsatzes das Thema sein. Doch durch die ausgedehnte Anfangssequenz, den zerfaserten Mittelteil und das zugegeben dichte, wenn auch willkürlich gewählte Ende, versagt der Roman auch darin.
Doch wenngleich die Geschichte als Ganzes irgendwie fragmentarisch wirkt, so als würde die Hälfte fehlen, entwickelt sie in den eigentlichen Szenen durchaus ihre Bannwirkung. Natürlich lässt sich nicht verhehlen, dass Asher sich hier vor allem mit Schockwerten über Wasser hält. Seine Prador-Krabben sind einfach eklige Sadisten. Ihre von Mord und Heimtücke geprägte Gesellschaftsform lässt einen fragen, wie sie es überhaupt zu den Sternen geschafft haben. Die Menschen sind für sie einfach Sklaven und Futter – und bieten ihnen hübsche neue Planeten zum Besiedeln. Es handelt sich um Monster in Reinkultur, und Asher wird nicht müde, Horror-Szenen von Zerfleischung, Fressen und Gefressenwerden zu beschreiben, die selbst den Film „Starship Troopers“ wie Ringelpiez mit Anfassen erscheinen lassen. Keine Frage, dass man mit der gequälten Menschheit zittert und sich über jeden noch so kleinen Sieg freut. Auch in den Actionsequenzen geht er schön nah dran und lässt uns als embedded author Dreck, Granatensplitter und Eingeweide um die Ohren fliegen.
Grundsätzlich spannend ist das Konzept einer Menschheit, die von den KI beherrscht wird. Das hat Asher allerdings nicht für „Prador Mond“ entwickelt, sondern für „Der Drache von Samarkand“, den Beginn eines – wie es in seiner Vita heißt – „lockeren Romanzyklus um die ECS-Agenten in einem Universum, das mit düsteren Farben gezeichnet ist.“ Wie viele dieser Bände vor „Prador Mond“ angesiedelt sind und inwiefern sie dazu in Beziehung stehen, wird leider nicht deutlich gemacht (was in meinen Augen gleichermaßen das Versäumnis des Autors wie auch der deutschen Verlagsredaktion ist).
Fazit: „Prador Mond“ enthält viele spannende Gedanken und Szenen und bietet technischen „sense of wonder“, gepaart mit dem Grauen einer B-Movie-Alien-Invasion übelster Sorte. Das alles macht den Roman durchaus lesenswert. Allerdings verliert er auf dramaturgischer Seite. Einer langen Exposition folgt ein Fragment von Mittelteil, bevor es gleich zum willkürlich gewählten Finale weitergeht. Die Zeitabläufe der Szenen zu rekonstruieren, habe ich lieber gar nicht versucht. Man hat das Gefühl, dass Asher viel Spaß am jeweiligen Punkt seiner Erzählung hatte, aber entweder zu wenig Zeit oder zu wenig Platz, um aus den Einzelteilen ein rundes Ganzes zu schmieden. So bleibt der Roman in meinen Augen hinter seinen Möglichkeiten zurück. Für Fans blutiger Alien-Stories zum Preis von knapp sieben Euro trotzdem zu empfehlen.
Prador Mond
Science-Fiction-Roman
Neal Asher
Bastei Lübbe 2011
ISBN: 978-3-404-23352-6
285 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 6,99
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