Dienstag, 1. Juli 2008

Hyperdrive – Die erste Staffel (2 DVDs)

Die Briten haben eine Tradition, um die wir Kontinentalen sie nur beneiden können: Seit Jahrzehnten produziert die BBC, also das öffentlich-rechtliche Fernsehen in Großbritannien, Science-Fiction-Serien im Allgemeinen und humoristische Science-Fiction-Serien im Speziellen, etwa die Douglas-Adams-Adaption „Per Anhalter durch die Galaxis“ oder die urkomische Lost-in-Space-Comedy „Red Dwarf“. Als jüngster Spross reiht sich nun „Hyperdrive“ in den Reigen ein, eine Serie, die es auf der Insel bereits auf zwei Staffeln gebracht hat und die hierzulande nun erstmals auf DVD vorliegt.

von Frank Stein

Hinter der Serie stecken die Macher von „Little Britian“, und die Hauptrolle des sich ewig selbst überschätzenden Space Commander Henderson hat kein Geringerer als Nick Frost inne (der Welt spätestens seit der Zombie-Humoreske „Shaun of the Dead“ und dem Kleinstadt-Cop-Flick, „Hot Fuzz“ ein Begriff). Erzählt wird die Geschichte der Crew des britischen Raumschiffs „HMS Camden Lock“, das unterwegs ist, um neue Welten zu entdecken und neue Zivilisationen – und sie dann von den Vorzügen der britischen Kultur zu überzeugen. („Wie wäre es, wenn die Sternenflotte nicht nur von Earl-Grey-Tee trinkenden und Shakespeare zitierenden Amerikanern betrieben würde, sondern wirklich von Briten“, soll die Frage gewesen sein, die für die Macher am Anfang stand.)

Wie es für eine britische Serie nicht anders zu erwarten ist, sind die Charaktere allesamt völlig normale, um nicht zu sagen unansehnliche und neurotische Figuren, die den Job in den Weiten des Alls kaum weniger aufgeregt angehen, als würden sie jeden Morgen in das Büro einer Kartonagefabrik in Islington gehen. (Gelackte und gedrillte Vorzeigeoffiziere wie an Bord der „Enterprise“ sucht man jedenfalls vergeblich.) An der Spitze steht der bereits erwähnte Space Commander Michael „Mike/Hendo“ Henderson, im Herzen ein guter Kerl, doch – wie so viele tragische Helden der BritCom – immer wieder viel zu sehr von seinen Fähigkeiten überzeugt, um wirklich überzeugend zu wirken. Ihm zur Seite stehen der erste Offizier York, ein Waffenfetischst mit leicht sadistischer Ader, der keine Gefangenen macht und überall die Alieninvasion des Tages vermutet, sowie die Chefdiplomatin des Schiffes, Officer Teal, eine Wuchtbrumme von einer Frau, die am liebsten mit Tabellen und Checklisten herumläuft und unsterblich (aber leider unbemerkt) in ihren Vorgesetzten verliebt ist.

Komplettiert wird der Cast durch den leicht verhuschten Astrogator Mr. Vine, den rebellischen Ingenieur Mr. Jeffers und – auch das wieder typisch britische SF – die „Optimierte“ Sandstrom, eine junge Frau, die sich (wie angedeutet wird: unfreiwillig) einer komplexen neurologischen Behandlung unterzogen hat und nun eine Art halb menschliches, halb artifizielles Steuer-Interface zwischen Crew und Raumschiff bildet, das im hinteren Brückenbereich mit laszivem Eifer in einem Halbkreis leuchtender Stangen herumturnt und dadurch die „HMS Camden Lock“ durch die Tiefen des Alls manövriert. (Kurioserweise – das sei nur angemerkt – sind alle Kadetten der „Camden Lock“ gutaussehende, hippe Jugendliche, die es auf dem Kadettenball mit Sex, Drugs und Gruppenkotzen auch gerne mal krachen lassen – eine augenzwinkernde Umkehrung der Verhältnisse bei „Star Trek TNG“, wo ein gewisser Wesley Crusher als der uncoolste, langweiligste und bravste Teenager zwischen dieser und der fernen Seite der Galaxis dargestellt wurde.)

Apropos „hip“. Optisch – das muss man der Serie zugestehen – wird durchaus was geboten. Wer ältere BBC-Produktionen kennt, der weiß, dass (gerade in der SF) meist die Figuren im Vordergrund stehen, während die Effekte und das Set-Design nur als Bonus betrachtet werden – um es wohlwollend auszudrücken. Im vorliegenden Falle merkt man, dass Digitaleffekte heute wirklich erschwinglich geworden sind. Die „Camden Lock“ ist ein durchaus ansehnliches Schiff. Und auch das Set-Design kann sich sehen lassen. Vom Captain's Chair, über die leuchtenden Touch-Screen-Konsolen der Crew, bis hin zu schicken Gängen, die natürlich nirgendwohin führen, findet sich an Bord alles, was man vom gemeinen Raumfahrzeug so erwartet. Na schön, die Aliens-der-Woche sehen kurios, um nicht zu sagen grotesk, wie eh und je aus – aber alles in allem erkennt man durchaus den „Science“-Aspekt neben der „Fiction“.

Der Humor ist von britischer Eigenwilligkeit. Nicht explizit auf Lacher ausgelegt, balancieren die Situationen, in die sich die kosmische Loser-Truppe regelmäßig manövrieren, stets auf dem schmalen Grad zwischen Tragik und Komik. Wenn die plumpe Teal sich etwa wie ein Weihnachtsbaum herrichtet, um ihren Schwarm Henderson beim Offiziersdinner zu beeindrucken (für das sie wohlweislich alle anderen Führungsoffiziere zuvor aus dem Verkehr gezogen hat), und diesen dann unbeholfen umgarnt, während selbiger genüßlich und voller Ignoranz Erdnuss-Flips goutiert, weiß man nicht, ob man lachen oder Mitleid haben soll. Der gradlinigste Garant für überzogene Satire (hier auf raumfahrende Militaristen) ist da noch der Wadenbeißer York, der nichts lieber will, als die „Camden Lock“ in seine Gewalt zu bringen und nach seinem harten Vorbild zu formen – nur um dann, als er tatsächlich die Chance dazu erhält, völlig zu versagen.

Fazit:
Wie kann man „Hyperdrive“ in einem Wort zusammenfassen? „Exzentrisch“ vielleicht. „Skurril“ möglicherweise. „Very british“ – das trifft es wohl am Besten (auch wenn das zwei Worte sind).

Hyperdrive – Die komplette erste Staffel

GB 2006
Regie: John Henderson
Darsteller: Nick Frost (Commander Henderson), Kevin Eldon (York), Miranda Hart (Teal), Dan Antopolski (Jeffers), Stephen Evans (Vine), Petra Massey (Sandstrom)

Vertrieb: polyband
Erscheinungsdatum: 30.05.2008

Länge: 180 min.
Bildformat: 1,78:1 (16:9 anamorph)
Tonformat: Deutsch, Englisch (Dolby 2.0)
Untertitel: Englisch

Bonusmaterial: The Story of „Hyperdrive“, Creating the World of „Hyperdrive“, Deleted Scenes, Miranda’s Tour of the Set, Video Diary, Behind the Scenes with Nick Frost
Preis: EUR 14,95

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