Stell dir vor, du kaufst dein erstes Auto, so eine leicht schrottige, gelbe Schüssel, und auf einmal entwickelt die Karre ein Eigenleben, stellt im Radio Schmusesongs ein, als du durch einen glücklichen Zufall deine Traumfrau nach Hause kutschieren darfst, und hat plötzlich einen Motorschaden, als ihr am romantischsten Aussichtspunkt der Stadt vorüberollt. Aber, nein, auch wenn dir der Gedanke vielleicht kommen mag: Du hockst nicht am Steuer von Dudu, dem Wunderkäfer auf Freiersfüßen. Du sitzt im Inneren eines getarnten außerirdischen Roboters, eines Autobots, der auf die Erde gekommen ist, um nach einem mächtigen Artefakt zu suchen. Klingt unglaubwürdig? Ist aber so. Zumindest im Universum der „Transformers“!
von Frank Stein
Spielzeug auf der großen Leinwand
Der Siegeszug der „Transformers“ begann 1984 als Kooperation der Spielzeugfirmen TakaraTomy (Japan) und Hasbro (USA). Gemeinsam stellte man Spielzeugroboter aus Plastik her, die sich mit wenigen Handgriffen in Autos, Flugzeuge, Panzer oder was auch immer verwandeln ließen. Um den Verkauf der Action-Figuren anzuheizen, wurde noch im gleichen Jahr eine Zeichentrickserie entwickelt, die dem Spielzeug eine Hintergrundgeschichte verlieh und die Fans durch seinen actionlastigen Gut-Böse-Konflikt zwischen den friedfertigen Autobots und den fiesen Decepticons zum Kauf animieren sollte.
Mittlerweile sind mehr als 20 Jahre vergangen und das Franchise ist regelrecht explodiert. In den Regalen von Sammlern stapeln sich die Roboterfiguren zuhauf, und zahlreiche Comics, Computerspiele sowie diverse Zeichentrick-Serien betten das Spielzeug in ein fiktives Universum ein. So war es letztlich nur eine Frage der Zeit – und der tricktechnischen Möglichkeiten –, bis die „Transformers“ auch den Sprung auf die große Leinwand machen würden (als Realverfilmung wohlgemerkt). 2007 war es endlich so weit. Unter der Regie von Action-Regisseur Michael Bay („Bad Boys“, „Die Insel“) kam „Transformers“ als Sommer-Event-Movie im Stil von „Independence Day“ oder „Armageddon“ in die Kinos.
Ein Junge und sein Auto
„Transformers“ wird grob in drei parallelen Handlungssträngen erzählt, die letztlich zusammenführen. Zunächst wären da Captain William Lennox (Josh Duhamel) und seine Truppe, die auf einer US-Basis in Katar stationiert sind, welche zu Beginn von den Decepticons Blackout und Scorponok angegriffen wird. Als einzige Überlebende des Erstkontakts werden Lennox und Co praktisch zu Veteranen im Kampf gegen die Roboter und gehen fürderhin mit Allem, was das Waffenarsenal der US-Army hergibt, gegen die Feinde vor.
Die Anwesenheit der Techno-Wechselbälger auf der Erde, so erklärt uns übrigens Autobot-Anführer Optimus Prime noch im Vorspann, ist die Suche nach dem Allspark, einem Artefakt, das Maschinen Leben spenden kann und das dem Heimatplaneten der Robots, Cybertron, einst zu Blüte verhalf – bevor der Krieg der Decepticons unter dem Ursupator Megatron gegen die Autobots von Optimus Prime die Welt verwüstete und der Allspark im Weltraum verloren ging.
Aus dem einzigen Hinweis auf den Angreifer von Katar, einem seltsamen Signalmuster, ergibt sich Handlungsstrang zwei um die junge Analystin Maggie Madsen (Rachael Taylor), die mit zahlreichen Kollegen vom Verteidigungsminister John Keller (einem rüstigen Jon Voight) angeheuert wird, die Natur der aus dem Nichts aufgetauchten Feinde zu ermitteln. Diese bittet ihren Hacker-Kumpel Glen Whitman (Anthony Anderson) um Hilfe, dessen größte Leistung allerdings später darin bestehen soll, einen Computer mit einem Funkgerät zu koppeln.
Im Zentrum der Geschichte steht allerdings der junge Sam Witwicky (Shia LaBeouf), der von seinem Dad ein Auto geschenkt bekommt, das sich als außerirdischer Roboter entpuppt. „Wer hätte das gedacht?“, kalauert Sam in einer Szene. Natürlich hat sich Bumblebee, so der Name des Scouts der Autobots, Sam nicht ohne Grund ausgewählt, denn der Junge besitzt die Brille seines Großvaters, auf die vor vielen Jahren aus fantastischen Gründen der Fundort des Allsparks auf der Erde eingeätzt wurde, wo dieser einst abstürzte. Der Krieg, in den Sam durch seinen fahrbaren Untersatz hineingezogen wird, hat die vorhersehbaren Folgen: Der Loser wird zum Helden und kommt mit dem schönsten Mädel der Highschool, der umwerfenden Mikaela (Megan Fox), zusammen. (Lucky Bastard!)
Locker 100x cooler als Armageddon
„Transformers“ ist vor allem zweierlei: krachend laut und ein Feuerwerk der Effekte. Kritiker mögen zu Recht die teilweise echt bescheuerten Dialoge, die arg gradlinigen Charaktere, den stellenweise kruden Humor und das eine oder andere Plotloch bemängeln. Zudem will sich aufgrund von einem Dutzend Roboter, die sich in einer fiktiven Stadt unweit des Hoover Dams in Nordamerika die Hucke vollhauen das Gefühl einer Bedrohung von globalen Größenordnungen nicht wirklich einstellen. (Auch wenn dies gelegentlich durch die Erwähnung internationaler Spannungen nach dem Angriff auf Katar forciert werden soll – ein globales Event-Movie muss ja irgendwie globale Relevanz haben...)
Aber ein Großteil der Kritik zielt an der Absicht von „Transformers“ vorbei. „Transformers“ ist wie „Independence Day“ oder „Armageddon“ (bzw. „100x cooler als Armageddon“, wenn man dem augenzwinkernden Ausruf, den die Autoren einem Beobachter der Autobot-Ankunft in den Mund gelegt haben, Glauben schenken darf). Mit seinen phänomenalen CGI-Effekten ähnelt der Film einer Achterbahnfahrt mit vierfachem Looping und Superwirbel, und wer hat sich je über den mangelhaften intellektuellen Anspruch einer Freizeitpark-Fahrtattraktion beschwert?
Abgesehen davon gelingt es Shia LaBeouf als überdrehtem Teenager, die Sympathien der Zuschauer zu gewinnen, und dass, obwohl er gegen 10 Meter hohe Kampfroboter anspielen muss, die Dirty Harry zitieren. Und wer sich schon immer gefragt hat, wozu ein DVD-Spieler eigentlich eine Zeitlupenfunktion hat, erhält die Antwort, sobald Megan Foxs Mikaela mit aufreizend kurzem Rock in Sams Leben spaziert.
Edler Silberling
Man mag über den Film denken, was man will, die DVD-Edition jedenfalls lässt kaum Wünsche offen. Äußerlich kommt die 2-Disc DVD-Edition im edlen schwarzen Steelbook daher, auf dessen Vorderseite ein stilisierter Autobotkopf und auf dessen Rückseite ein stilisierter Decepticonkopf geprägt wurde (wenn man den mit drei Klebepunkten befestigten Infozettel ablöst). Das Innere ist schmucklos: Ein Booklet gibt es nicht, und die DVDs sind in schlichtem Grau gehalten.
Das Bonusmaterial ist überschaubar, aber von erlesener Qualität. Auf Disc 1 kann man Regisseur Michael Bay zuhören, der mit Begeisterung den Hauptfilm kommentiert und dabei wirklich sehr viel zu sagen hat. Auf Disc 2 schließlich befindet sich eine lange Dokumentation, die in die einzelnen Teile „Unsere Welt“, „Ihr Krieg“ und „Da steckt mehr dahinter“ aufgeteilt wurde. „Unsere Welt“ (ca. 50 min.) widmet sich dabei vor allem den Dreharbeiten und beschreibt im Detail, wie das Event-Movie realisiert wurde. Die Schauspieler kommen ebenso zu Wort wie die Militärberater (denn einmal mehr hat Michael Bay seine guten Beziehungen zu den US-Streitkräften spielen lassen, um militärische High-Tech vor der Kamera auffahren zu können).
„Ihr Krieg“ (65 min.) geht dann näher auf die Roboter ein und beschreibt, wie aus den Hasbro-Spielzeugen filmreife Computergeschöpfe wurden. Es werden sowohl die coolen Vehikel, als welche die Autobots und Decepticons im Tarnmodus auftreten, im Einzelnen vorgestellt, als auch die Arbeit der SFX-Teams und Digitalkünstler beleuchtet, die sich den Herausforderungen verwandlungsfähiger Roboter und irrer Actionsequenzen stellen mussten. „Da steckt mehr dahinter“ schließlich ist eine kleine Kompilation aus weiterem Bonusmaterial, etwa ein Schritt-für-Schritt-Einblick in die Entstehung des Angriffs von Scorponok (dem Riesenskorpion) in der Wüste (ca. 9 min.), eine Galerie mit Konzeptzeichnungen und drei Trailer.
Fazit: Für Freunde lautstarker Effekte-Filme war „Transformers“ zweifellos das Ereignis des letzten Sommers – und auch die DVD-Edition im schicken Steelbook weiß zu begeistern. Der Hauptfilm kommt in makelloser Qualität daher, und das Bonusmaterial umfasst zahllose Anekdoten und Hintergrundinformationen zur Entstehung des Films (wobei die Fakten das gegenseitige Schulterklopfen dankbarerweise deutlich überwiegen). Film-Puristen mögen mich steinigen, aber ich persönlich hatte viel Spaß mit dem knallbunten Roboter-Abenteuer und auch mit der vorliegenden DVD.
Transformers
USA 2007
Regie: Michael Bay
Darsteller: Shia LaBeouf (Sam Witwicky), Megan Fox (Mikaela Banes), Josh Duhamel (Captain Lennox), Jon Voight (Defense Secretary John Keller), John Turturro (Agent Simmons)
Vertrieb: Paramount Home Entertainment
Erscheinungsdatum: 10.12.2007
Länge: 138 min.
Bildformat: 2,40:1 (16:9 anamorph)
Tonformat: Deutsch, Englisch, Türkisch (Dolby 5.1)
Untertitel: Deutsch, Englisch, Türkisch
Bonusmaterial: Audiokommentar von Michael Bay, Unsere Welt, Ihr Krieg, Da steckt mehr dahinter
Preis: EUR 28,99
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