Mittwoch, 8. September 2004

Star Trek - The Original Series Staffel 1 DVD-Box

1966 begann die Reise eines Raumschiffs, das aufgrund seiner Popularität beim Fandom ein Franchise lostreten sollte, das heute fast beispiellos ist im Science-Fiction-Genre. Drei Staffeln lang kämpfte sich die „Enterprise“ mit mikrigem Budget und unter dem kritischen Blick der Fernsehsender-Offiziellen durchs All und schuf dabei dennoch Kult: Unter dem Deckmantel zünftiger Action und farbenprächtigen 1960er-Jahre-Designs durchlebten Captain Kirk, Spitzohr Spock und Schiffsarzt (nicht Maurer!) Pille gemeinsam mit dem Rest der Crew mitunter äußerst intelligente Geschichten, die sich immer wieder mit existentiellen Fragen des Lebens beschäftigten (ein Grund, warum Star Trek bei Akademikern so beliebt ist :-) ). Nachdem die Welt lange, lange darauf warten musste, erscheinen diese legendären Abenteuer nun endlich auf DVD. Die erste Staffel steht bereits in den Verkaufsregalen.

von Frank Stein

Die Aufmachung

Die Box kommt, wie alle anderen Star-Trek-Serien auch, im schicken Plastikdesign her, wobei erstmalig die relativ strenge Kastenform einem etwas schlankeren, spielerischen Design gewichen ist. Man fühlt sich entweder an eine Sandwichdose oder einen Trikorder erinnert – in jedem Fall echt 1960er-Jahre-Style. Wie bei „Voyager“ ist die Schrift in glänzendem Silber gehalten und Ausfräsungen geben den Blick auf die Papphülle mit den DVDs im Inneren frei. Die Box öffnet sich lustigerweise der Länge nach in zwei Hälften. Man zieht sie sozusagen auseinander, um an den Inhalt zu kommen. In der Pappummantelung steckt leider erneut ein schlichter Stapel Klarsichthalterungen, die mit einem Klebestreifen am einen Ende zusammengehalten werden – genau wie bei „DS9“ und „Voyager“. Dafür ziert jeden Silberling das Konterfei eines anderen Crewmitglieds aus der ersten Staffel. Korrekterweise muss man auf Chekov verzichten, dafür wurde Janice Rand eine Scheibe gewidmet.

Das DVD-Menü ist äußerst farbenfroh und auch wenn die Computeranimation etwas ruckelt, die uns von außen auf die Enterprise zu und dann durch die Brücke schwenkend hin zur Steuerkonsole führt, ist sie doch ganz nett geworden. Die Anordnung der Episoden auf den Silberlingen ist dabei leider in Ausstrahlungsreihenfolge, nicht in der eigentlichen Produktionsreihenfolge geschehen, allerdings kann man mithilfe der Episodennummern sich die ursprüngliche Abfolge rekonstruieren, wenn man will.

Die Episoden

Im Gegensatz zu moderneren Serien geht die Classic-Serie gleich in medias res. Die Einführung der Charaktere nimmt vielleicht zwei Episoden ein – und dies auch nur am Rande. Unter den insgesamt 29 Episoden (28 Einzelepisoden und einer Doppelfolge) finden sich dabei so „Klassiker“ wie „Das letzte seiner Art“ mit dem unheimlichen, außerirdischen Salz-Junkie, „Implosion in der Spirale“, in der die Crew sich einen Virus einfängt und anfängt, auszuticken, „Talos IV – Tabu“, die Doppelfolge, die aus der Not des Drehbuchmangels geboren wurde und geschickt den gefloppten ersten Pilotfilm „The Cage“ verarbeitet oder „Der schlafende Tiger“, in der wir erstmals mit dem genetischen Übermensch Khan konfrontiert werden, der später im zweiten Kinofilm voller Zorn zurückkehren sollte. Auch „Horta rettet ihre Kinder“ (ich sage nur „Schmerz. Schmerz!“) und die grandiose Zeitreise-Tragödie „Griff in die Geschichte“, in der sich Kirk in die Visionärin Edith Keeler verliebt und sie dennoch verlieren muss, finden sich in der ersten Staffel wieder.

Es ist müßig, hier über die Qualität der einzelnen Folgen zu diskutieren. Das Budget ist erkennbar relativ gering gewesen, die Settings sind teilweise krude (wenn auch nett bunt) und das Schauspiel mitunter theatralisch (v.a. das des „Captains“). Doch die Geschichten sind unbestreitbar sehenswert und entweder mag man alte Serien eben – oder man mag sie nicht. Zur Bildqualität ist zu sagen, dass ich ich sie mir noch etwas besser vorgestellt hätte. Insbesondere Außenaufnahmen weisen häufig Kratzer und Staub auf, die zugegebenermaßen vermutlich nur unter erheblichem finanziellen Aufwand hätten wegretouschiert werden können. Die Set-Aufnahmen innerhalb des Schiffs hingegen sind meist klar, wenngleich man sich des Gefühls einer leichten Unschärfe nicht erwehren kann. Dafür sind die Farben toll (ich wiederhole mich, oder?) und, he, die Serie ist fürs Fernsehen gemacht worden und 40 Jahre alt! Gleichermaßen könnte man den Ton bemängeln, der laut Verpackung zumindest auf der englischen Tonspur 5.1 sein soll, allerdings abgesehen von wenigen Effekten unverändert erscheint, doch was soll überhaupt diese Show mit einem künstlichen Upmix einer ursprünglich mono aufgenommenen Geschichte? Ich für meinen Teil kann mit dem Originalton, sofern er klar rüberkommt, voll und ganz leben.

Die Extras


Das Bonusmaterial ist diesmal – und das sage ich nicht nur, weil ich ein alter Fan von Kirk, Spock und Pille bin – wirklich äußerst gelungen. Zunächst einmal gibt es Textkommentare zu gleich vier Episoden („Die Spitze des Eisbergs“, „Talos IV – Tabu“ Teil 1 und 2 sowie „Kodos, der Henker“), die höchst interessante Einblicke in die Produktionsumstände gewähren und gleichzeitig Details der Handlung kommentieren. Ausgesprochen lesenwert und einem Audiokommentar locker ebenbürtig. Eher historischen Kuriositätswert haben die Trailer, die es zu jeder einzelnen Episode gibt und Einblick in die noch recht spoilerlastige Previewpolitik im TV der 1960er Jahre gewähren.

Doch kommen wir zu den Features, die allesamt auf der achten DVD abgelegt sind. „Die Geburt einer zeitlosen Legende“ erzählt – nomen est omen – vom Beginn von Star Trek. Dabei kommen praktisch alle Protagonisten der ersten Staffel zu Wort und auch Meister Roddenberry himself meldet sich in sympathischen Interviewschnipseln aus einem 1988 aufgenommenen Gespräch zu Wort. „Leben jenseits von Star Trek: William Shatner“ scheint eine Art Insidergag zu sein. Es heißt ja, das Mr. Shatner keine Gelegenheit verstreichen lässt, von seinen Pferden und seiner Reitleidenschaft zu erzählen – so passend oder unpassend der Moment sein mag. Dieses Feature widmet sich nun ausschließlich der Reitleidenschaft des „Captains“. Star Trek wird mit keinem Wort erwähnt! Ungelogen! Insofern ist der Titel vielleicht etwas irreführend (wer einen Abriss von Shatners Leben nach Star Trek erwartet, wird enttäuscht sein), aber genau genommen kann man nicht von Mogelpackung sprechen. Na ja, für ein amüsiertes Kopfschütteln ist die Episode gut.

Erheblich interessanter ist ein Interview mit Leonard Nimoy unter dem Titel „Reflektionen über Spock“, in dem er seinen Bezug zu Spock darlegt und seine Motivation zum Schreiben der zwei unter Fans heiß diskutierten Bücher „I am not Spock“ und „I am Spock“ darlegt. Dabei räumt er auf sehr diplomatische Weise mit einigen Vorurteilen bezüglich seiner Einstellung zu Star Trek auf. „Wo nie ein Mensch zuvor gewesen ist... Staffel 1“ widmet sich detailfreutig einzelnen, herausragenden Episoden der ersten Staffel sowie dem generellen Umfeld, in dem diese Staffel entstand. Vor allem Nimoy ist er erneut, der nette Anekdoten zum Besten gibt, aber auch George Takei und sogar Ricardo „Khan“ Montalban erinnern sich auf kurzweilige Art und Weise.

„Klatsch und Tratsch: Romanzen im 23. Jahrhundert“ ist ein echtes Hightlight. Es geht – natürlich – um die Liebesgeschichten der Crew – vor allem Captain Kirks. Wie kurios klingt es da, dass Shatner den Womanizer Kirk eigentlich viel lieber zölibatär angelegt hätte und mitunter regelrecht angewidert war von all der holden Weiblichkeit. Ganz im Gegensatz zu Walter Koenig, der Chekov noch Heerscharen von Frauen mehr gegönnt hätte!

Das letzte sehr nette Feature widmet sich den „Sci-Fi Visionären“, also den Geschichten und den Drehbuchautoren hinter den Geschichten. Renommierte SF-Autoren wie Harlan Ellison und Ted Sturgeon schrieben Episoden für die Classic-Serie, andere wie Ray Bradbury spazierten zumindest übers Set, bevor sie ausgesucht höflich eine Absage erteilten. Das Ziel war, Gene Roddenberrys Vision einer Science-Fiction-Serie mit echten Botschaften umzusetzen – ein Ziel, das letztlich ein gutes Stück für den Erfolg der Serie verantwortlich war.

Den Abschluss bilden noch vier „Easter Eggs“, die kurze Classic-Anekdoten präsentieren, dazu einige Trailer für andere ST-DVD-Sets, eine Foto-Gallerie und ein eher seltsames Spiel, während dem man die Verbindung zwischen zwei ST-Darstellern über mehrere filmische Zwischenschritte schließen muss – mir hat sich der Sinn irgendwie nicht erschlossen (abgesehen davon, dass es sauschwer war).

Fazit: Ein echtes Highlight unter den bisher erschienenen ST-DVD-Boxen. Das sage ich nicht nur, weil die Classic-Serie einfach kultig ist und nun endlich mehrsprachig und werbefrei genossen werden kann, sondern auch, weil die Aufmachung wirklich cool ist und das Bonusmaterial meines Erachtens zum Besten gehört, was auf ST-Staffelboxen bislang zu sehen war! Da verschmerzt man auch, dass der Bildqualität das Alter der Serie trotz digitalem Aufpolieren noch deutlich anzusehen ist und dass der Ton nur auf dem Papier sechs Kanäle beschallt. Denn genau genommen sind ja auch selbst diese Mängel Teil des echten 60er-Jahre-Flairs...